Kultur

Kein "Weibsteuferl", sondern eine Teufelin in Hochform

Da ist dieses Wippen. Ein Herumwetzen zunächst, wie Kinder es tun. Das Wippen wird begehrlicher, es wird dringender. Am Ende ist es ein dumpfes Schlagen. Am Ende, als man es "ausgelöscht hat, das ganze Weib, mit Haut und Haar". Die Festspiele Reichenau zeigen zum Saisonauftakt Karl Schönherrs "Der Weibsteufel".

Vor hundert Jahren schrieb der Tiroler diese Tragödie, doch sie hat keine Patina angesetzt. Die Emanzipationsgeschichte einer benutzten Frau berührt, ist ein spannendes Kammerspiel mit strindbergschen Ausmaßen. Wer Martin Kušejs Inszenierung im Akademietheater noch im Kopf hat, wird überrascht sein, dass auch andere als die Minichmayr das hinkriegen: Katharina Straßer überzeugt hier auch jene, die sich möglicherweise ein Weibsteuferl in Reichenau erwartet hätten. Straßer trägt den Abend, läuft gegen Ende zu Hochform auf. Zu Beginn ein (etwas zu) kindliches Hausmütterchen, bringt sie ihrem maroden Mann (Marcello de Nardo) die Patschen und scheint ihr Schicksal als Frau eines wenig potenten Männchens zu akzeptieren. Wäre da nicht diese Truhe, in der sie die Kleidung jenes Kindes versteckt, dass sie sich sehnlich wünscht.

Blasser Grobian

Der Grenzjäger (Bernhard Schir) wird die unerfüllten Sehnsüchte in ihr aufleben und sie zur Frau werden lassen. Ganz versteht man das allerdings nicht. Schir, der auch Regie führt, bleibt besonders im ersten Teil ein blasser Grobian. Die Inszenierung per se ist unaufregend, das Bühnenbild so gut wie nicht vorhanden. Problematisch ist die Sprache: Der Tiroler Schir lässt werktreu Tirolerisch sprechen, das funktioniert nur bedingt. De Nardo ist schwer zu verstehen und Strasser, obwohl gebürtige Tirolerin, fällt besonders in emotionalem Momenten ins Wiener Hausmeisteridiom zurück, passend zum Knöchel-Tattoo. Dennoch kommt sie einer idealen Weibsteufelin hier sehr nah.

KURIER-Wertung: