Kultur

"Auf Dauer demontiert und massiv beschädigt"

Volle Häuser, fabelhafte Aufführungen und eine "Nachfrage, die unsere Erwartungen übertroffen hat". Das ist die eine Seite der Medaille.

Keine internationalen Compagnien, 27 erzwungene Absagen und eine finanzielle Situation, die "so nicht mehr haltbar ist". Das ist die Kehrseite der Medaille.

Denn künstlerisch ist ImPulsTanz wie immer top. "Aber wenn budgetmäßig nichts passiert", so Intendant Karl Regensburger im KURIER-Gespräch, "wird das Festival auf Dauer demontiert und massiv beschädigt."

Absagen

Was ist vorgefallen? Subventionen in Höhe von 2,15 Millionen Euro gibt die Stadt Wien dem bedeutendsten Festival für zeitgenössischen Tanz, das Wien jedes Jahr im Sommer vier Wochen lang zum internationalen Hotspot der Tanzszene macht.

Zu wenig findet Regensburger, um den Ansprüchen, die an ImPulsTanz gestellt werden, gerecht zu werden. "Wir waren heuer zu massiven Einsparungen gezwungen. Das führte dazu, dass ich 27 internationalen Compagnien absagen musste."

Verluste

Darunter finden sich so renommierte Namen wie Anne Teresa De Keersmaeker, Meg Stuart, Marie Chouinard, Dada Masilo, Xavier Le Roy oder Jan Fabre, der in Wien sein neuestes Werk "Mount Olympus" zeigen wollte. Ein herber künstlerischer Verlust für eine Einsparung von 300.000 Euro. Regensburger: "Hätte ich dieses Geld gehabt, ich hätte damit all diese Compagnien holen können. Denn alle sind uns finanziell entgegengekommen, einige wollten sogar gratis auftreten. Aber da habe ich dann die Reißleine gezogen. Selbstausbeutung mag schön und gut sein, aber es gibt wirklich Grenzen. Wir alle arbeiten, bis uns das sprichwörtliche Blech wegfliegt."

Trotz

Und wie geht es weiter? Regensburger: "Man hat uns die 2,15 Millionen Euro für die nächsten drei Jahre zugesagt. Wir haben uns die Chance auf Nachverhandlungen erbeten. Diese Runde beginnt im Herbst. Aber von der Stadt schlägt mir fast trotzig Ablehnung entgegen. Ich habe lange genug nobel geschwiegen, aber es geht um die Zukunft des Festivals.

ImPulsTanz ist – wie es ja heißt – das Vienna International Dance Festival. Internationalität kann ich so aber nicht mehr garantieren."

Alle Inhalte anzeigen

Drei Millionen Euro bräuchte Regensburger, "um den Festival-Auftrag der Internationalität zu erfüllen. Das ist angesichts der Umwegrentabilität, die ImPulsTanz der Stadt bringt, nicht zu hoch gegriffen." Denn: "Allein im Rahmen der Workshops und des Research-Programms kommen Tausende Menschen nach Wien und lassen hier ihr Geld. Dazu hat ImPulsTanz ja eine Nachhaltigkeit über das Festival hinaus."

Nutzen

Regensburger: "So soll etwa Chris Haring, dessen ‚False Colored Eyes‘ im Kasino lief, zur Andy-Warhol-Retrospektive der Viennale eine Performance beisteuern. Akemi Takeya wird im Rahmen unserer Kooperation mit dem mumok eine Arbeit für die ‚Lange Nacht der Museen‘ liefern. Das nenne ich Synergie. Aber wenn die Stadt Wien nicht bald aufwacht und erkennt, dass ihr ImPulsTanz weit mehr bringt, als es kostet, dann sehe ich schwarz."