Kultur

Justin Bieber hat das Gekreische seiner Fans satt

Im Leben eines Boygroup-Stars reichen fünf verrückte Fans, um einem das Leben zur Hölle zu machen, erzählte jüngst ein guter Bekannter, der früher in einem österreichischen Projekt dieses Genres tätig war. Was soll da erst ein Justin Bieber sagen? Der Bub wird auf Schritt und Tritt von Paparazzi und weiblichen Buhlschaften (Codename: "Beliebers") bedrängt. Jede jugendliche Torheit wird ausführlich, indiskret und disproportional zu ihrer wahren Bedeutung besprochen und verhandelt.

Schlimm, wenn einem das in der Pubertät widerfährt, peinlich wird es langsam als junger Erwachsener: "The Biebs", wie er in einschlägigen Fankreisen genannt wird, will letztlich für seine Kunst geliebt werden. Der 22-Jährige hat im Vorjahr sein viertes Album veröffentlicht: "Purpose" heißt es. Übersetzt: "Zweck". Biebers Funktion als Popstar war bis dato die der Echokammer für verliebtes Gekreische.

Nun nimmt sich der Künstler ernst, mit allen "Oohs", die es in seinen Liedern dazu braucht: Schon sein größter Hit, die Single "Baby" (2010), begann mit diesem Vokal. Auf "Purpose" dient der in seinem Schaffen wichtigste wiederkehrende Selbstlaut sowohl als Füllwort ("Is it too late now to say sorry? 'Cause I'm missing more than just your body, ooh"), wie auch als ganze Refrainzeile. ("What do you mean? – Ohh ohh ohh"). Schon Michael Jackson nutzte sein gepresst gekiekstes "Ihi!" auf ähnliche Weise.

Und ähnlich wie Jackson war Bieber bereits als Kind ein Star und hatte materiell ausgesorgt, noch bevor er sich legal hätte betrinken dürfen.

Ähnlich wie Jackson setzt er auf komplizierte Choreografien in seinen Videos, wobei Bieber tänzerisch lieber anderen den Vortritt lässt.

Sexy

Aus dem hübschen Kind ist mittlerweile ein sexy junger Mann geworden, der genau weiß, wie viele Frauen ihm zu Füßen liegen, und sich auch ähnlich benimmt. Wobei: Er ist laut eigenen Aussagen ein gläubiger Mann, der Sex ohne Liebe für falsch hält. Psalm 119:105 ziert in Tinte sein Schulterblatt: "Dein Wort ist meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Wege." Wo Gott wohnt, zeigten ihm zuletzt auch die eigenen Fans. Bieber trat vor zwei Wochen in Manchester auf und die Beliebers drehten auf wie gewohnt. Biblisches Gekreische, Gekreische, Gekreische. Allein: Bieber wollte lieber in aller Ruhe ein paar Worte sagen. Er kam gegen das Gekreische nicht an. Als er gegen die schrillen Begeisterungsbekundungen protestierte, wurde er lautstark ausgebuht. Irgendwann warf er das Mikro entnervt hin und stürmte von der Bühne (und kam wieder).

Wie steckt man den ganzen Hype weg? Biebers Weg führte über den Exzess: Sein dahingehend starkes Jahr war 2014, wo er im Jänner zunächst solange Eier auf das Haus eines Nachbarn warf, bis der ihn vor Gericht zerrte, um später betrunken, high und auf Antidepressiva hinterm Steuer aufgehalten zu werden.

Seit bald zwei Jahren ist es aber schon wieder recht ruhig um den jungen Kanadier. Vielleicht hat er doch Angst, aus den USA deportiert zu werden, wenn er so weiter macht wie früher.

Aber wer weiß, ob Donald Trump ihn nicht ohnehin rausschmeißt. Schließlich ist er Ausländer.

Justin Bieber in Wien: "Purpose World Tour", Dienstag, 8. November in der Wiener Stadthalle.