Wenn einer repariert, was gar nicht kaputt ist
Von Christoph Silber
Carola (Julia Koschitz) und Steve (Friedrich Mücke) leben seit fünf Jahren zusammen. Just das überraschende Ende der Beziehung seines Freundes Bob lässt bei Steve Zweifel an der Langlebigkeit der eigenen aufkommen. Auf die holprigen Versuche entgegenzusteuern folgen Missverständnisse und Irritationen bei Carola. Von viel Wortwitz getrieben, eskaliert die Lage.
„Wie gut ist deine Beziehung?“, fragt Regisseur und Drehbuch-Autor Ralf Westhoff in seiner neuen Kino-Komödie, mit der er an sein Erfolgsdebüt „Shoppen“ anknüpft. Waren es damals Singles auf Partnersuche, geht es jetzt, heiter und leicht erzählt, um Veränderung und Beständigkeit in Beziehungen.
KURIER: Der Film-Titel macht ein wenig Angst.
Julia Koschitz: Warum?
Weil man sich dann tatsächlich diese Frage stellen könnte.
Mir macht diese Frage keine Angst. Es geht ja nicht um eine allgemeine Bewertung, sondern nur um die ganz persönliche. Und fällt sie schlecht aus, sollte man lieber was ändern, als auf eine überraschende Verbesserung zu hoffen – die wird wahrscheinlich ohne eigenes Zutun nicht kommen. Man hat mir einmal gesagt, ich sei sehr anspruchsvoll, was meine Vorstellungen an eine Beziehung betrifft. Wahrscheinlich auch anstrengend (lacht). Wir leben in unterschiedlichsten Beziehungen, sei es zum Partner, zu seinen Freunden, seinen Kindern, Eltern oder zu seinem Beruf. Und ich finde es Wert, sich über die Qualität Gedanken zu machen, genauso wie über unseren Spielraum, diese zu gestalten.
War das der Grund, warum sie diesen Film gemacht haben?
Auch, ich mochte das Buch, die Figuren, die Dialoge und finde das Themen relevant. Es ist ein weitverbreitetes Grundbedürfnis, eine Beziehung zu haben, jemanden zu lieben, auch langfristig. Aber man kriegt das Ganze nicht geschenkt, man muss sich dafür einsetzen, die Verbindung pflegen, sich im Zusammenbleiben üben. Und obwohl dieser Film das Thema unterhaltsam behandelt, lässt er Raum, sich ernsthaft damit auseinanderzusetzen. Das mochte ich von Anfang an.
Steve und Carola geht es in ihrer Beziehung eigentlich gut, Carola nennt es „durchschnittlich glücklich“?
Ja und das ist eigentlich schon sehr viel. Aber in dieser Aussage steckt auch die Gefahr, sich damit zu begnügen. Beide haben es sich in ihrer Komfortzone bequem gemacht, in der Hoffnung, dass das durchschnittliche Glück sich einfach halten lässt. Steves ungelenker Versuch, der perfekte Partner zu sein, um seine Freundin nicht zu verlieren, führt die beiden zunächst in eine Krise, hebt sie für ihre gemeinsame Zukunft aber schließlich auf ein nächstes Level.
Dieser Film lebt zunächst von den oft witzigen Dialogen, man kann immer wieder einmal lauthals loslachen.
Das hoffe ich. Dass man viel zu lachen hat, über die Charaktere im Film, wie vielleicht auch manchmal über sich selbst, zumindest ging es mir so.
Steve sagt an einer Stelle: „Ich muss Carola mit Dingen erobern, die ich nicht kann, und mit Fähigkeiten, die ich nicht habe“?
Wie weit soll man sich von sich selbst entfernen, um den anderen für sich zu gewinnen? In diesem Film wird das Thema Selbstoptimierung dem der Achtsamkeit gegenübergestellt. Wenn Du dich um Deine Beziehung kümmern willst, dann kreise weniger in Form von oberflächlicher, narzisstischer Optimierung um Dich selbst, sondern richte Deine Aufmerksamkeit eher auf Dein Gegenüber. Wir leben, Gott sei Dank, in einer Zeit, in der wir alle frei wählen können, unsere Liebespartner genauso wie die Dauer unserer Beziehungen. Die Lust auf etwas Neues ist ein ganz wesentlicher Bestandteil in uns Menschen, eine Gefahr für jede Beziehung. Offen und achtsam sein für den anderen und für neue Erfahrungen, ist da wahrscheinlich nicht der schlechteste Weg für diejenigen, die länger zusammenbleiben wollen.
In diesem Film ist sich an einem bestimmten Punkt keiner der Akteure mehr des anderen sicher.
Ja, und so unangenehm es sich für die beiden anfühlt, so wichtig ist es für sie. Ich glaube, den Partner für selbstverständlich zu nehmen, ist kein dienlicher Ratgeber für eine gute Beziehung. Es braucht das aufmerksame und achtsame Umgehen mit dem anderen und mit sich selbst.
Mücke und Sie gehen sehr natürlich miteinander um. Sehr viel des Spiels zwischen Ihnen geht nur über Mimik, Gestik.
Es ist nicht vorhersehbar, ob man gut miteinander spielen kann. Dafür gibt's Castings, die relativ schnell klarmachen, ob eine Konstellation funktioniert oder nicht. Gleiches gilt natürlich für das Verhältnis zwischen Schauspieler und Regisseur. Für mich war es ein großes Vergnügen mit Friedrich Mücke zu spielen, mühelos und ohne Eitelkeiten, aber auch mit all den anderen – Maja Beckmann, die meine Freundin gespielt hat oder Anna Drexler, meine Arbeitskollegin, Michael Wittenborn, ein großartiger Komödiant, oder Bastian Reiber, der ihm nicht nachsteht. Jeder dieser Schauspieler hat etwas Neues, Eigenwilliges in die Szenen eingebracht, von dem man als Kollege nur profitieren konnte, das war ein Geschenk.
Sind Sie der Couch- und Buch-Typ oder sollen es eher Workout und Roller Blader sein?
Obwohl ich bisher immer dachte, dass ich meine Komfortzone regelmäßig verlasse, bin ich in der Auseinandersetzung mit diesen Film darauf gekommen, dass es mir auch guttäte, mehr Neues auszuprobieren. Ich brauche beides, die Couch und viele Bücher - und vielleicht nicht unbedingt die Rollschuhe, aber das Rausgehen und vor allem das Erleben von neuen Dingen.
Was ist dieser Film? Eine Beziehungskomödie? Eine Liebeskomödie? Ein Drama?
Ich würde sagen, eine ungewöhnliche Beziehungskomödie, die zum Lachen – und wenn man will – durchaus zum Nachdenken anregt. Ich habe einmal von einem amerikanischen Coach den Satz gehört, ein guter Film umfasst immer mehrere Genres. Es gibt viel Selbstironie, ein bisschen Slapstick, aber auch Drama und, wie immer bei Ralf Westhoff, viel Dialog und einen gesellschaftskritischen Blick auf uns und unsere Zeit.