Kultur

Ein "verlorener Sohn", der letztlich im Triumphzug heimgekehrt ist

Wer in den vergangenen Tagen im Wiener Musikverein war, kam an ihm und an seinem Orchester nicht vorbei. Drei Konzerte gab Dirigent Jirí Belohlávek mit der Tschechischen Philharmonie, die der Maestro in den vergangenen Jahren wieder zu einem Klangkörper von Weltformat aufgebaut hat.

Kein Wunschkonzert

Das war auch im Musikverein (mit einem tschechischen, fabelhaft realisierten Programm) hörbar, ist aber alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Bereits einmal (1990) war Belohlávek Chefdirigent dieses Orchesters, wurde aber nach kurzer Zeit von den Musikern weggeputscht. Der Grund: Man hoffte, durch den Deutschen Gerd Albrecht eher an lukrative Plattenverträge heranzukommen. Albrecht – wie auch dessen Nachfolger – scheiterten jedoch. 2012 wurde der "verlorene Sohn" Belohlávek zurückgeholt. Das Ergebnis: Die Tschechische Philharmonie spielt wieder vorne mit.

Was aber macht einen guten Dirigenten eigentlich aus? Belohlávek im KURIER-Gespräch: "Es ist eine Kombination aus Talent, musikalischem Wissen, der Fähigkeit, eigene Ideen einzubringen und diese auch durchzusetzen. Demokratie ist etwas sehr Schönes. Aber letztlich muss dennoch einer die Entscheidungen treffen", so der 69-jährige Künstler.

In Prag hat Belohlávek, der an der Wiener Staatsoper die Premiere von Dvoráks "Rusalka" dirigierte und dafür hymnisch gefeiert wurde, neue Akzente gesetzt. "Ich habe es zur Bedingung meines Amtsantritts gemacht, dass die Musiker halbwegs ordentlich bezahlt werden. Die vorherige Bezahlung war skandalös, jetzt ist sie immerhin akzeptabel", so der einst auch als Lehrer für Dirigieren tätige Kosmopolit.

Dass Schüler wie Jakub Hrůša (er dirigierte erst letztes Jahr ein bemerkenswertes Konzert der Wiener Symphoniker), Tomáš Hanus oder Tomáš Netopil (auch im Haus am Ring erfolgreich) inzwischen Karriere machen, freut Bělohlávek sehr. "Ich habe es genossen zu unterrichten, und inzwischen hole ich mir manchmal selbst Ratschläge von den jungen Kollegen." Denn: "Die Musikwelt muss sich weiterdrehen, die nächste Generation soll die Fackel hochhalten. Das heißt aber nicht, dass ich bald in Pension gehen will."

Eine Wunschoper

Bělohlávek weiter: "Es gibt noch viel zu viel gute Musik, die ich den Menschen näherbringen möchte. In Prag, aber auch in Wien, wenn es sich ergibt." Das wird es. Denn Bělohlávek und die Tschechen kommen nächste Saison wieder. Und was die Staatsoper betrifft: "Wir sprechen über ein paar Projekte. Meine Wunschoper aber wäre ,Juliette‘ von Bohuslav Martinů – das ist ein Meisterwerk."