Janine Jansen: Jede Stradivari "hat eine eigene Stimme"
Der Mythos Stradivari sei nur schwer in Worte zu fassen, meint die Geigerin Janine Jansen. „Etwas Magisches“ nennt sie das Besondere dieser Violinen. „Außergewöhnlich ist, dass jede Strad eine eigene Stimme hat. Und das, wenn man bedenkt, dass sie von einer Person gebaut worden sind“, so Jansen.
Geraten sie in die richtigen Hände, verwandeln sie sich in Sänger, wie Jansen, eine der Besten ihres Fachs, jüngst virtuos auf dem Album „12 Stradivari“ dokumentierte. Dem Titel gemäß nahm sie für das Label Decca den Klang legendärer Violinen auf. Initiator dieses Projekts ist Steven Smith, Geschäftsführer des Londoner Geigenhändlers J & A Bear Ltd. Eine „auditive Ausstellung“ nennt er die gesammelten Einspielungen.
Ein forderndes Unterfangen wäre es im sogenannten Normalbetrieb geesen. Jahre hatte dessen Vorbereitung in Anspruch genommen. Doch dann, als die Zeit der Umsetzung in der britischen Hauptstadt kam, hatte Corona die Welt lahm gelegt. London befand sich im Lockdown, als Jansen und Antonio Pappano zur Aufnahme in der Cardogan Hall, der Residenz des Philharmonia Orchestras, anreisten.
„Ich musste sehr flexibel sein“, sagt Jansen. Seit 20 Jahren ist sie mit den Geigen von Antonio Stradivari vertraut. Derzeit spielt sie eine aus der „goldenen Zeit“ der Stradivari, die „Shumsky“ aus dem Jahr 1715. Jede dieser Violinen verlange eine andere Spielweise, sagt sie. „Das war eine extreme Herausforderung, denn wir brauchen Jahre, um unsere Instrumente kennenzulernen. Für das Projekt hatte ich aber für jedes einzelne nur fünf, höchstens sechs Stunden Zeit.“
Nach wenigen Tagen folgte eine Zwangspause: Jansen war an Corona erkrankt. Der Abbruch des Projekts drohte. Doch die Leihgeber der Instrumente stimmten einer Verlängerung zu. „Ich wusste, dass man ein Projekt wie dieses nur einmal im Leben macht“, sagt Jansen. Nach einigen Tagen konnte sie die Arbeit wieder aufnehmen.
Autorin: Susanne Zobl