Kultur

Mit der Stimme von Mr. Brown

James Brown duldet kein "Du", nicht mal von seinen Freunden. Er nennt sich ausschließlich "Mr. Brown" – und manchmal klingt es wie eine gefährliche Drohung.

Mit abschätzigem Blick mustert Mr. Brown einen jungen Briten, der ihm gerade vorgestellt wurde: "Mick Jagger", sagt Mr. Brown mit gedehnter Stimme: "Mick Jagger, ha?" Und dann fegt er den Rivalen mit einer tollen Musik-Show von der Bühne.

James Brown, "Godfather of Soul", "Minister of Funk" und Sänger von "Sex Machine": In "Get on Up" (Kinostart: Donnerstag) erzählt Regisseur Tate Taylor die Lebensgeschichte von James Brown, einem der bedeutendsten Pop-Musiker des 20. Jahrhunderts. Und niemand anderes als Mick Jagger trieb das Projekt voran und trat als Produzent auf.

Wenn etwas in "Get on Up" so richtig gut ist, dann sein Hauptdarsteller: Chadwick Boseman als James Brown ist schlicht sensationell. Boseman versucht nicht einfach, James Brown nachzuahmen. Seine Spiel ist nicht Mimikry, sondern Anverwandlung, Neuinterpretation und kongeniale Performance. Als hätte er sein ganzes Leben nichts anderes gemacht, spielt er den Funk-Soul-Brother im Alter zwischen 16 und 60. Im Gold-Overall tänzelt Boseman wie besessen über die Bühne als wären seine Beine elektrifiziert und springt mühelos in die Grätsche. Kein Zweifel, der Mann hat den Groove.

"Als meine Schwester hörte, dass ich James Brown spielen sollte, meinte sie sofort: ,Du kannst doch gar nicht tanzen. Wie willst du das machen?‘", erzählt Chad Boseman, 37, aufgeräumt im KURIER-Interview: "Ich habe mich nicht um die Rolle gerissen. Zuletzt spielte ich in dem Film ,42‘ den Baseball-Player Jackie Robinson und wollte nicht noch ein Biopic drehen. Diese Wahl erschien mir als keine sonderlich kluge Entscheidung."

Mittlerweile wird Chad Boseman als Oscar-Kandidat gehandelt.

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Gequältes Genie

Auch Regisseur Tate Taylor ("The Help"), wie Boseman – und James Brown – aus den Südstaaten der USA stammend, hat ein Problem mit Biopics ("Ich mag’ sie nicht, sie erzählen immer das Gleiche"). Als er sich dann doch dazu entschloss, schwor er sich, es "so ungewöhnlich wie möglich" zu gestalten.

Mit gemischtem Erfolg.

Taylor springt in der Lebensgeschichte von James Brown etwas wirr hin und her, und erspart uns vor allem nicht die psychologisierenden Rückblenden in Browns armselige Kindheit: "Er war ein gequältes Genie", verkündet der Regisseur mit Hang zum Pathos: "Die Wahrheit ist die, dass er von Angst regiert wurde. Er verhielt sich oft brutal, aus Angst verlassen zu werden – wie damals als kleiner Bub. Ich wollte eine provokante Charakterstudie vorlegen, die man mit der gleichen Aufmerksamkeit ansehen muss, wie wenn man einen Roman liest."

So schlimm ist es nun gerade nicht. Trotzdem läuft "Get on Up" erst dann richtig zur Hochform auf, wenn er die Psycho-Schiene verlässt und sich auf Browns Musik-Auftritte konzentriert.

Taylor entschied gleich zu Beginn, dass er keinen Schauspieler singen lassen wollte, sondern Browns Originalstimme einzuspielen: Kein leichtes Unterfangen, da die historischen Aufnahmen oft in sehr schlechter Qualität vorlagen. Mithilfe von Computersoftware wurde die Stimme poliert ("Sweetening"), die Musik komplett neu aufgenommen.

An dieser Stelle erwies sich Mick Jagger als sehr hilfreich: "Gezahlt hat er für den Film nichts. Ich wünschte, er hätte es, aber er tat es nicht", berichtet Tate Taylor von der Mühsal des Geldaufstellens: "Aber Mick Jagger war mir eine große Hilfe, weil er viel Zeit mit Chad Boseman verbrachte. Er erklärte ihm, was es bedeutet, vor 20.000 Menschen zu singen. Und damit half er ihm, seine Rolle noch mehr zu vertiefen."

INFO: Get on Up. USA 2014. 139 Min. Von Tate Taylor. Mit Chadwick Boseman, Nelsan Ellis, Dan Aykroyd.

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