„Interior Chinatown“: Endlich Hauptfigur – also fast
Von Christina Böck
Wer sich beim Titel „Interior Chinatown“ eine Serie über Einrichtungsstile in asiatischen Stadtvierteln erwartet, der muss gleich korrigiert werden. Denn diese Bezeichnung steht in Drehbüchern für „Innenaufnahme in Chinatown“. Und das gibt schon den Hinweis darauf, worum es in der neuen Disney+-Serie geht. Willis Wu ist Kellner im Chinarestaurant seines Onkels. Das ist ihm zu wenig. Er fühlt sich „wie eine Nebenfigur in der Geschichte von jemand anderem“. Dann wird er Zeuge einer Entführung und spielt plötzlich mit in der Krimiserie „Black & White“, die angefangen vom bedrohlichen Donnerton ganz stark von „Law & Order“ inspiriert ist.
Die Alibi-Asiatin
Willis soll die als Chinatown-Spezialistin angeheuerte Lana Lee unterstützen. Ihre Expertise ist aber genauso endenwollend wie die ihrer nicht-asiatischen Kollegen. Die Serie spielt raffiniert mit Stereotypen: Lana ist die Alibi-Asiatin, während ein smartes Ermittlerpaar extrem selbstbewusst durch die endlos erscheinenden Gänge der Polizeiwache schreitet. In die Willis wiederum – so als wäre es eine Parallelwelt – nicht eintreten kann, weil er nun mal eine zu unwichtige Figur ist.
Alle Inhalte anzeigen
Es muss ein Bandenkrieg sein
Das klingt jetzt alles sehr kompliziert und das gleichnamige Buch von Charles Yu, auf dem diese Metaserie basiert, ist auch komplex. Es geht grundsätzlich um die Unsichtbarkeit von Asiaten in Hollywood, und die Klischees, die sie verkörpern (müssen). Deswegen ist man hier dauernd auf der Suche nach einem obligatorischen Bandenkrieg, es wird mit Schlangengift gemordet und Willis will eigentlich ein Kungfu-Held sein. Das ist auf intelligente Art ziemlich witzig, vor allem wenn man oft Krimiserien schaut und die ganzen Anspielungen erkennt.