Kultur

"Privat-TV muss kein quotengetriebener Ramsch sein"

KURIER: Obwohl ServusTV kein großer Sender ist, engagiert Ihr Euch im Serien-Bereich. So stehen die Dreharbeiten für „Meiberger – Im Kopf des Täters“ mit Fritz Karl in der Titelrolle eben vor der Fertigstellung. Warum tut das Servus TV und warum Ihr als einziger Privatsender in Österreich?

Ferdinand Wegscheider: Eigenproduzierte Fiction ist ein Gustostück. Es gibt uns die Möglichkeit, unser Profil als Sender beim Publikum zu schärfen und somit auch im fiktionalen Bereich unverwechselbar zu sein. Natürlich kostet eigenproduzierte Fiction nicht wenig Geld. Und das ist – das hat rundfunk-historische Hintergründe – für einen österreichischen Privatsender einfach schwierig, für solche Produktionen aufzustellen. Denn auf dem primären Weg, also über Werbung, kann man diese Kosten nicht verdienen.

Was muss ein Serien-Stoff haben, damit er für Euch in Frage kommt?

Es darf keine austauschbare Allerweltsfiction sein und es muss als aller Erstes eine typisch österreichische Note haben. Dazu kommen unsere relativ hohen Qualitätsansprüche.

Bemerkenswert ist, dass der Protagonist ein Gerichtspsychologe ist, der auch Zauberkünstler ist. Stimmt es, dass es einen Mystical Fernando gibt, der große Ähnlichkeit mit Ihnen hat?

Als wir uns mögliche Konzepte für eine Krimi-Serie in Österreich angesehen haben, war eines dabei, bei dem ich mir gedacht habe, da hat jemand in meinem Privatleben geschnüffelt. Denn ein guter Freund  hier in Salzburg ist Gerichtspsychologe und Zauberer. Mit ihm habe ich früher Zaubershows und Varietés gemacht. Interessanterweise haben dann alle im Laufe des Werdungsprozesses der Serie gemeint, dass das die beste und spannendste Idee sei. Und dieser Freund, Gerichtspsychologe Alexander Gappmeier alias Magic Alessandro, ist nun unser Fachberater.

Also habe ich einen Zauberer vor mir sitzen!

Eher einen Zauberlehrling, bestenfalls.

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Soll eigenproduzierte Fiction zu einer tragenden Säule bei werden?

Das haben wir definitiv vor. Fiction soll ein wesentliches Element sein und bleiben. Vielleicht sogar noch stärker werden – aber das hängt vom Erfolg ab.

„Trakehnerblut“, der Serien-Erstling von ServusTV, konnte sogar verkauft werden. Ist das bei diesem Projekt auch geplant?

„Trakehnerblut“ hatte beachtliche Erfolge, sowohl bei den Quoten als auch im Verkauf, den wir selbst bestreiten. Nach der ARD sind nun auch das Schweizer Fernsehen und Italien dazugekommen, auch auf Amazon Prime ist die Serie schon gelaufen. Das spricht für die Qualität des Projekts. Ob das diesmal auch der Fall sein wird, dafür ist es noch zu früh.

Eine gute Hand hat ServusTV beim Einkauf mit dem Erwerb von „Hubert und Staller“, das man auch kräftig bewirbt, bewiesen. Bisher lief das in Österreich immer bei ATV, wie kam es zum Einstieg?

Wir haben einfach mitbekommen, dass die neueste (7.) Staffel zu haben ist und ich war eigentlich von Anfang an davon überzeugt, dass „Hubert und Staller“ gut zu uns passt - zumindest auf dem zweiten Blick. Es ist unterhaltsam und hat das gewisse Augenzwinkern, was bislang nicht so unser Asset war.

Durch den bayrischen Dialekt hat diese Serie einen gewissen „Heimat-Touch“ - ist das der Kern des Senders Servus TV?

Ich würde nicht sagen „der Kern“, aber es ist sicher eine der Säulen. Es gibt seit dem Start von ServusTV Sendungen wie „Hoagascht“ oder „Unterwegs mit Bertl Göttl“. Im Lauf der vergangenen Jahre haben wir festgestellt, dass der Themenkreis Heimat, Brauchtum, Volkskultur und Volksmusik einen wesentlichen Stellenwert bei unserem Publikum hat. Das Problem, als ich 2016 angetreten bin, war aber, dass es kein klares Sendeschema gegeben hat. Das ist zwar unspektakulär, aber ein sehr wichtiges Thema, weil es um das gelernte Wiederfinden von Sendungen geht. So ist es zu „Heimatleuchten“ immer am Freitagabend gekommen - und innerhalb eines halben Jahres sind die Marktanteile gestiegen, weil genau die gleichen Sendungsinhalte wie zuvor unter dieser Dachmarke laufen. Also dieser Themenkreis ist wichtig für uns und hat seinen fixen Platz.

Was sind die weiteren Schwerpunkte?

Was, unter Anführungszeichen, eher neu ist, ist eine verlässliche News-Schiene. Die Information ist in den drei vergangenen Jahren eine wesentliche Säule des Senders geworden.  Davor hatte es lediglich von Montag bis Freitag eine kurze News-Sendung mit einer Art Wohlfühl-Nachrichten, also ohne Politik und harte Fakten, gegeben. Seit 2015 haben wir zudem nicht mehr nur an fünf sondern an sieben Tagen die Woche echte Haupt-Nachrichten um 19:20. Uhr. Die Reichweiten haben sich seitdem vervierfacht, wir liegen jetzt bei durchschnittlich 100.000 Sehern. Dabei hatten viele gemeint, wir würden so kurz vor der „ZiB“ nichts reißen, aber es ist genau das Gegenteil eingetreten.

Im weiteren Sinn zur Information gehören am Donnerstag „Talk im Hangar-7“ und die Reportage-Reihe. Das scheint noch nicht so ganz ins Servus-Gefüge zu passen?

Den Talk gibt es schon sehr lange. Wir haben vor gut zwei Jahren begonnen, ihn aktueller zu machen. Davor war der Talk mehrere Wochen im Voraus und mit Fixgästen geplant. Da haben wir den Hebel angesetzt und das ist uns ganz gut gelungen. Das zeigt die Quotenentwicklung. Was noch nicht so hundertprozentig ankommt, ist die Reportage. Als das Format im Vorjahr von der Stiftung Quo Vadis Veritas übernommen wurde, war es das erklärte Ziel, die Reportage aktueller zu machen. Das ist zwar gelungen, allerdings in den ersten Monaten noch nicht so honoriert worden, wie wir es erhofft haben.

Servus TV steht imagemäßig oft gleich neben ORFIII, was Kultursendungen betrifft. Wie ist hier der grundsätzliche Zugang?

Auch wenn wir wissen, dass diese Sendungen, die teilweise im Hochkultur-Bereich angesiedelt sind, keine großen Quotenerfolge bringen, stehen wir dazu. Das drehen wir sicher nicht ab. Es ist uns ganz wichtig zu zeigen, dass Privatfernsehen kein quotengetriebener Ramsch sein muss. ServusTV ist der Gegenbeweis zu dieser oft geäußerten Annahme.

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Welchen Stellenwert hat Sport bei ServusTV? Beim Wettbieten um die Fußball-Bundesliga ist der Sender nicht in Erscheinung getreten. Stark engagiert ist man hingegen bei der Moto GP: Was ist das Ziel?

Grundsätzlich sind wir natürlich hungrig auf gute Sportrechte. Aber es muss für Servus TV einen Sinn haben. Es ist also nicht so, dass wir den Sportrechte-Markt nicht beobachten würden. Dafür ist die Motor GP ein gutes Beispiel: Die Rechte haben wir uns vor drei Jahren erstmals sichern können - zunächst nur für Österreich. Die Marktanteile waren vom Start weg besser als beim Sender davor. Diese Performance hat auch die Sportrechte-Inhaber überzeugt. Die schönste Belohnung dafür ist, dass wir den Vertrag nicht nur für Österreich um fünf Jahre verlängert, sondern auch noch die Rechte für Deutschland dazu bekommen haben. Es ist das etwas Besonderes: Zum ersten Mal hat ein österreichischer Sender ein exklusives Sportrecht für Deutschland bekommen und noch dazu ein so attraktives.

Wie passt das zusammen? Es gab ja die Diskussion, den deutschen und Schweizer TV-Markt aufzugeben. Nun aber gingen die MotoGP-Rechte an Euch. Das heißt, ServusTV will in Deutschland nochmals richtig durchstarten?

Es hat vor meiner Zeit einmal die Entscheidung gegeben, aus Deutschland raus zu gehen. Das wurde revidiert und ich glaube, wir sind auf einem sehr guten Weg zu beweisen, dass das gut und richtig war. Und natürlich ist so ein Deal wie die MotorGP ein wesentlicher Baustein, um nochmals in Deutschland für Aufmerksamkeit zu sorgen. Klar ist aber auch, dass Deutschland ein ganz anderer Markt ist als Österreich. Da gibt es die Big Player, die RTL-Gruppe und SevenOneMedia. Wir sehen jedoch, dass mit ersten Adjustierungen am Programm und der Verstärkung des Einsatzes in den vergangenen Monaten die Quoten so wie in Österreich anfangen, auch in Deutschland anziehen. Wir erwarten uns mit der MotorGP einen wesentlichen Schub in Deutschland.

Gibt es darüber hinaus noch Pläne für Deutschland? Kann man parallel zu Österreich deutsche Nachrichten erwarten?

Wir schauen sehr genau, wo es Sinn macht, das Angebot in und für Deutschland auszubauen. Dieser Prozess läuft noch.

Soll es noch 2019 so weit sein?

Durchaus. Die MotoGP beginnt auf ServusTV Deutschland 2019 und da wollen und können wir schon da und dort das weitere Angebot ausbauen.

Für ein Deutschland-Comeback braucht es weitere Sende-Rechte etwa bei Serien oder Filmen?

Wir waren ja nie weg aus Deutschland. Wir haben deshalb ursprünglich immer für den gesamten Raum (Deutschland, Österreich, Schweiz) eingekauft, später war das dann auf die Rechte in Österreich fokussiert. Das heißt aber auch, es gibt nach wie vor Rechte für Deutschland. Was wir aber bereits gelernt haben ist, dass es bei zugekaufter Fiction zwischen Deutschland und Österreich teilweise ein recht unterschiedliches Seherverhalten gibt. Um ein Beispiel zu nennen: Die australische Krimiserie „Miss Fishers mysteriöse Mordfälle“ war in Österreich bestenfalls mäßig erfolgreich. In Deutschland ist sie seit Monaten der Renner bei Servus TV. Eine Erklärung, warum das so ist, kann allerdings nicht geben.

Da braucht man dann fast zwei Programmplaner, oder?

Jedenfalls betrachten wir die Märkte unterschiedlich und arbeiten diese Erfahrungen immer wieder ein.

Noch kurz zurück zum Sport: ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz hat einen Vorstoß gemacht in Richtung Gesetzgeber: Er will die „Schutzliste“ jener Sendungen, die im Free-TV gezeigt werden müssen, um den Klub-Fußball erweitern. Wie sehen Sie das?

Man sieht ja, dass Sportbewerbe, die bis vor kurzem noch im Free-TV zu sehen waren, nach und nach hinter Bezahlschranken verschwinden. Ich bin da durchaus bei Alexander Wrabetz, dass man darüber nachdenken und nicht einfach hinnehmen sollte. Und ich bin bei ihm, wenn er meint, das muss gar nicht der ORF sein, wo der Sport dann spielt oder es könne eine Kooperation zwischen ORF und Privaten sein. Es ist zumindest eine Überlegung wert.

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Die Quotenentwicklung von ServusTV ist nicht schlecht, aber ein Marktanteil um die zwei Prozent je nach Altersgruppe ist auch nicht berauschend. Gibt es überhaupt den Anspruch, größer zu werden, was sich etwa mit Kultur-Programmen kaum ausgehen kann?

Wie gesagt, wir bleiben der Kultur auf alle Fälle treu. Es ist aber schon unser erklärtes Ziel, auch in Österreich weiterzuwachsen, und das tun wir in Wahrheit auch. Im Vorjahr waren es im Jahresschnitt zwei Prozent, für heuer haben wir uns einen durchschnittlichen Marktanteil von 2,4 Prozent als Ziel gesetzt. Das Wachstum soll also weitergehen.

Das Programm von ServusTV, so ist mein Eindruck, richtet sich eher an ältere Zielgruppen. Das ist nicht das, womit man die Werbewirtschaft locken kann. Muss hier programmlich noch justiert werden, um sich zumindest zum Teil refinanzieren zu können?

Mit der Erfindung der Zielgruppe 12 bis 49 Jahre hat der damalige österreichische RTL-Chef Helmut Thoma die ganze Branche geleimt. Das hat er ja auch schon in mehreren Interviews eingestanden. Das weiß die Werbewirtschaft seit Jahrzehnten, dass das Geld woanders zu holen ist. Dass sie darauf nicht reagiert, halte ich für bemerkenswert, aber auch für falsch. So wie man seit Jahren bei der TV-Nutzung einem lange schon überholten Messsystem nachhängt, obwohl die Ergebnisse über weite Strecken aus meiner Sicht gar nicht mehr stimmen können. Was die Programme betrifft: Dass man bei Volkstum und Tradition – was man auch beim ORF immer gesagt hat – meint, es sei lediglich für die älteren Leute interessant, passt gar nicht zu unserer Quoten-Auswertung. Das hat sich völlig gedreht. In der Freitagsschiene haben wir nicht nur generell gute Quoten mit über vier Prozent im Schnitt, manchmal sind es sogar sechs bis sieben Prozent. Es zeigt sich auch, dass wir damit junges Publikum stark ansprechen können. Meiner Einschätzung nach ist es inzwischen sogar so, dass sich Sender, die sich sehr stark und konventionell um die jungen Zielgruppe bemühen, jetzt viel mehr Probleme haben als wir.

Sie kritisieren die Quoten-Messung in Österreich. Was ist Ihr Problem damit?

Wir reden ständig und überall über die Digitalisierung aller Lebensbereiche. In einem so wichtigen Bereich wie der Quotenmessung haben wir aber ein vorsintflutliches Messsystem. Das beginnt bei der Anzahl der Testhaushalte, die für ein Land wie Österreich, statistisch gesehen, zu wenige sind. Dadurch kommt es zu Werten, speziell in der Daytime und bei kleineren Sendern, die an Kaffeesudlesen erinnern. Die sind null aussagekräftig – und null ist auch das Stichwort: es gibt statistisch keine Null-Phasen, sie werden aber ausgewiesen. Das Teletest-System ist in der Prime-Time, wenn die meisten Menschen fernsehen, noch am aussagekräftigsten, während der weiteren Tageszeit allerdings schon lange nicht mehr. Es gibt da einen massiven Reformbedarf. Da hängt sehr viel an Verantwortung daran.

Ein Fixpunkt bei Servus TV ist Ihre Sendung „Der Wegscheider“. Mit diesem Format haben viele Probleme. Spricht da der Hofnarr die „Wahrheit“, ist also Satire oder ein ernstgemeinter Kommentar? Wie sieht der Wegscheider „Der Wegscheider“?

Darauf bin ich stolz: „Der Wegscheider“ ist, das haben wir auch schon bei Salzburg TV so gemacht, ganz klar als Kommentar gekennzeichnet. Es ist das ein Vorwurf, den ich zahlreichen Medien und Journalistenkollegen mache, dass Berichterstattung und Meinung sehr oft vermischt werden und für den Rezipienten nicht klar auseinanderzuhalten sind. Genau das tun wir nicht! Bei uns werden die Nachrichten unübersehbar mit dem Anspruch, objektiv zu sein, produziert. Das andere ist ein Kommentar – wenn mir dazu jemand schreibt, dass ich nicht objektiv gewesen sei, dann schicke ich denen die Definition von Kommentar aus dem Duden. Objektiv kann und soll er nicht sein. Das Zweite ist, dass „Der Wegscheider“ ein satirischer Wochenkommentar ist. Das haben wir auch durch die jüngste Marktforschung gelernt, dass die Zuschauer ihn als Satire einordnen können. Insofern lebe ich damit ganz gut. Dass die Leute, denen meine Meinung nicht passt, gerne ausklammern wollen, dass das Satire und Kommentar ist, damit muss man leben. Sei es drum.

Damit verbunden ist aber eine politische Verortung des Senders. Finden Sie das nicht problematisch? Die Wortwahl beim Kommentar wird in der Branche vielfach subsumiert unter „alles was rechts und billig ist“, wenn ein Sender-Chef auf „Systemmedien“ losgeht.

Man ist natürlich versucht, auf jede Tages-Kritik zu reagieren. Da kann man schnell in die politisch korrekte Falle tappen, damit man nur ja nicht punziert wird. Ich habe mir früh angewöhnt, nein zu sagen und mache das, wann immer ich das für richtig halte. Ich gehe meinen Weg. Ich habe nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass ich von meiner Grundweltanschauung bürgerlich-liberal rechts der Mitte bin. Dafür kann, will und muss ich mich nicht entschuldigen. In den vergangenen Jahren ist es modern geworden, jeden der nicht links ist, ins rechte oder extrem rechte Eck zu stellen. Diese Keule hat über Monate, wenn nicht Jahre funktioniert. Ich weiß nicht ob die Keule nicht ein bisschen weich wird. Mir tut sie jedenfalls nichts mehr.

Sie begleiten das österreichische Rundfunkwesen schon über Jahrzehnte: als Pirat, als Unangepasster, als Salzburg-TV-Gründer und nun als Sender-Intendant. Hättest Sie jemals daran gedacht, dass sich der Rundfunk in Österreich so entwickeln würde?

Man kann sich so etwas ja wirklich nicht ausmalen. Zunächst überwiegt einmal die Freude. Viele sogenannte Experten haben uns damals im Parlament und anderswo ausrichten lassen, dass Privatfernsehen hätte in Österreich keine Chance - von vielen politischen Funktionären gar nicht zu sprechen. Es hat aber doch funktioniert und das ganz gut. Dass wir noch lange nicht beim fairen, wirklich dualen ausgeglichenen System zwischen Privat und Öffentlich-Rechtlicher sind, das ist die andere Seite. Damit bin ich nicht zufrieden und kann man auch nicht zufrieden sein. Auf der anderen Seite steht bei mir ein klares Bekenntnis zum Öffentlich-Rechtlichen, aber eben mit Einschränkungen.

Was gehört da Ihrer Meinung nach geändert? Es laufen ja derzeit Vorarbeiten für Novellen der Rundfunk-Gesetze.

Ich glaube, das primäre Ziel muss ein gesundes Miteinander zwischen Öffentlich-rechtlichen und Privaten sein. Ein gesundes Miteinander geht nicht, wenn einer von den beiden ungesund groß ist und in den letzten Jahren alles wuchernd überschattet hat. Das ist meiner Meinung nach beim ORF der Fall. Das heißt für mich auch, dass er auf die Kerninhalte, die einen öffentlich-rechtlichen Sender ausmachen, zu reduzieren ist. Da brauchen wir nicht lang schauen: Ö1 ist ein wunderbares Beispiel dafür, was öffentlicher Rundfunk kann und soll. Ö3 ist ein wunderbar gemachtes Privatradioprogramm, aber dafür braucht man keinen Öffentlich-Rechtlichen. Im Fernsehen haben wir eine ähnliche Situation. Es freut mich, dass viele Leute sagen, dass ORF III ein gutes Programm hat. Aber wenn man ORFIII macht, weil man auf ORFeins keine öffentlich-rechtlichen Inhalte zeigen kann oder will, dann geht das schon grundsätzlich nicht und schon gar nicht, wenn das noch mit unser aller Gebühren finanziert wird. Das war es auch, wogegen ich von Anfang an aufgetreten bin - was manche missverstehen und deshalb meinen, ich sei generell gegen den ORF. Nein. Öffentlich-rechtliche Sender haben absolut ihren Sinn und ihre Berechtigung, aber in einem Maß, das der Größe des Landes angemessen ist.

Mit Ihren Meinungen zum ORF liegen Sie auf einer Ebene mit dem Privatsender-Verband, obwohl ServusTV der letzte überregionale, rein österreichische TV-Sender ist.

Zunächst einmal ist es ja nicht ein Manko des VÖP, dass die Situation für elektronische Medien in Österreich so ist, wie sie ist. Es war die Medienpolitik – und das haben wir ihr jahrelang vorgeworfen - , die durch jahrelanges Verzögern und Schützen des ORF-Monopols dafür gesorgt hat, dass keine heimischen, privaten Fernsehunternehmen wachsen können. Da sind jahrzehntelange Versäumnisse der Politik. Und ich bin auch einfach Realist genug und es wäre als Privatsender dumm, sich nicht mit anderen Privaten gemeinsam an einen Tisch zu setzen und Seite an Seite zu kämpfen. Es gab bei der Enquete des Bundeskanzleramts viele Wortbekenntnisse und diesen Worten müssen Taten folgen. Es muss auch der ORF dafür einstehen: „Die Zukunft ist ein Miteinander“, wenn wir auf den globalen medialen Wettbewerb schauen, der uns genauso betrifft. Ich gehöre nicht zu denen, die glauben, wenn Österreich jetzt kurz mit dem Schwanz wedelt, besiegen wir Google, Facebook und Co. Aber es ist ein Faktum und ist sinnvoll, dass wir in Österreich, wo immer es geht, zusammenarbeiten sollten, anstatt diese Kleinkriege weiterzuführen, die wir jahrelang geführt haben.

Die Politik spielt in Wien, die Medien-Politik erst recht. Gibt es Überlegungen, Wien auch als Standort von ServusTV auszubauen?

Also wir bleiben definitiv der Salzburger Sender mit Sitz in Salzburg, was aber nicht eine Art Doktrin ist, so quasi es darf keinen Arbeitsplatz zusätzlich in Wien geben. Das sind Entscheidungen, die sendungs- und projektbezogen gefällt werden. Es gibt also keine Vorgaben, dass nichts außerhalb von Salzburg passieren darf.