Kultur

"Ein Patentrezept für den Erfolg gibt es sicher nicht"

Die mediale Aufregung war groß. Von Skandal und Schiebung war die Rede. Denn Ingolf Wunder wurde "nur" Zweiter beim Internationalen Chopin-Wettbewerb in Warschau. Und das, obwohl das Publikum und viele Fachleute den gebürtigen Kärntner für den begabtesten jungen Pianisten hielten.

Das war 2010. Und Ingolf Wunder hat sich dank seines Könnens und seines Willens durchgesetzt. Mit 28 Jahren spielt der Österreicher in den wichtigsten Konzertsälen der Welt und mit den besten Orchestern. Mit der Plattenfirma Deutsche Grammophon hat er einen Exklusiv-Vertrag – und auch sonst ist Wunders Welt in Ordnung.

Das erste Klavierkonzert von Tschaikowsky und das erste Klavierkonzert von Chopin hat Wunder eben eingespielt; im Rahmen des renommierten Festivals "White Nights" in St. Petersburg. Eine Aufnahme, die sich mehr als hören lassen kann. Dank Dirigent Vladimir Ashkenazy, den St. Petersburger Philharmonikern und natürlich dank Wunder selbst, der sich inzwischen einen "gewissen Reifegrad" zugesteht.

Zeit der Reife

"Ich wurde als Wunderkind bezeichnet. Aber man arbeitet doch ständig an sich selbst. Natürlich hilft einem auch die Zeit, um dem idealen Klangbild eines Komponisten näher zu kommen. Ich spiele ja nur Musik, die mir sehr nahe ist, mit der ich mich identifizieren kann." Tschaikowsky, Liszt und Chopin sind Wunders Lieblinge; Liszt ist sogar "meine erste große Liebe".

Dem international gehypten Starbetrieb kann der Familienvater nur wenig abgewinnen. "Es geht nicht darum, in den Hochglanzmagazinen abgebildet zu sein, sondern darum, sich selbst treu zu bleiben. In meinem Fall bedeutet das Arbeit, Arbeit und nochmals Arbeit. Ich sehe mich als Diener an der Musik. Und da ist die Vorbereitung ganz wichtig. Denn nur die Musik erdet mich."

Wie aber geht Wunder an ein Werk oder an ein Konzert heran? "Das ist unterschiedlich. Manchmal sitze ich am Klavier, und das Stück ist einfach da, fließt logisch vor sich hin. Dann gibt es Kompositionen, die ich mir hart erarbeiten muss, die widerspenstig und sperrig erscheinen. Ein Patentrezept für den Erfolg gibt es sicher nicht."

Zeit der Ernte

Alle Inhalte anzeigen
Nachsatz: "Es gibt auch Werke, die ich nicht spielen würde. Bach etwa. Mein Respekt vor diesem Giganten ist noch viel zu groß. In meinem Beruf muss man auch warten können und Geduld haben, bis die Zeit der Ernte kommt." Lachend: "Und ich bin ja noch nicht so alt."

Das Klavier ist für Wunder, der ursprünglich als Geiger begonnen hat, mittlerweile "zu meiner persönlichen Stimme geworden". Denn: "Ich einer Welt der zunehmenden Nivellierung ist sehr es relevant, seine eigene Stimme zu finden. Als Künstler und als Mensch. Nur wer authentisch ist, ist auch gut."

www.ingolfwunder.at

Biografie: Ingolf Wunder wurde am 8. September 1985 in Klagenfurt geboren und lernte erst Violine, ehe er mit 14 Jahren zum Klavier wechselte. Wunder studierte in Klagenfurt, Linz und Wien. Seine Teilnahme beim renommierten Chopin-Wettbewerb 2010 führte zu Diskussionen, da Wunder „nur“ Zweiter wurde, andere Wettbewerbe hat er gewonnen.

CD: Für die DG hat Ingolf Wunder das erste Klavierkonzert (b-Moll) von Tschaikowsky und das erste Klavierkonzert von Chopin (e-Moll) eingespielt. Partner bei dem Live-Mitschnitt aus St. Petersburg sind die dortigen Philharmoniker und Dirigent Vladimir Ashkenazy. Hörenswert.