Kultur

Wenn die totale Überforderung erlaubt ist

Ein Selfie hier, ein Posting da – die neuen Medien bieten den Menschen viel Raum zur (Selbst-)Darstellung. Um genau diesen Raum und um den Menschen darin geht es in "False Colored Eyes", dem neuen Performance-Projekt von Choreograf Chris Haring und Liquid Loft. Premiere ist heute, Mittwoch, im Wiener Kasino am Schwarzenbergplatz als Koproduktion zwischen dem Burgtheater und dem Festival ImPulsTanz.

"Ich kann mich an Andy Warhol gar nicht genug abarbeiten", sagt Chris Haring im KURIER-Interview. Und ja, "False Colored Eyes" ist der zweite Teil der "Imploding Portraits Inevitable"-Serie, in deren Rahmen sich Chris Haring und Liquid Loft performativ mit dem filmischen Schaffen Andy Warhols auseinandersetzen.

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Ausgangspunkt sind die sogenannten "Screentests", eine von 1964–’66 entstandene Serie filmischer Porträts, bei der Prominente für drei Minuten vor Warhols Kamera standen und sich selbst optimal zu verkaufen glaubten.

"Mich hat genau dieses Thema der medialen Selbstdarstellung interessiert", erklärt Haring. "Wie setzt man sich heute optimal in Szene, wie sieht man sich selbst, wie aber sehen einen die anderen? Das sind die Fragen, mit denen wir uns in dieser Produktion beschäftigen.

Bildgewaltig wird Harings "False Colored Eyes" auf alle Fälle; Live-Kameras folgen den Performern, sollen "die größtmögliche Nähe" zum Publikum herstellen. Denn, so Haring: "Das Kasino am Schwarzenbergplatz ist der ideale Raum, um mit Nähe und Distanz zu spielen, um mit den zwei tanzenden Live-Kameras die richtige Dynamik in den Bewegungen zu erzeugen. Und im Idealfall kommt es zur totalen visuellen wie emotionalen Überforderung. Das ist die eigentliche Vorgabe", lacht der 2007 bei der Biennale in Venedig mit dem Goldenen Löwen für die beste Performance ausgezeichnete Choreograf.

An Warhol bleibt Haring auch in Zukunft dran. "Es gibt noch so viel Material, das Thema ist so vielschichtig – da ist noch vieles möglich." Denn: "Warum sollten wir nicht auf der Bühne über das reale Leben nachdenken? Für viele ist das Leben ja einzige Bühne."