Kultur

"Idomeneo": Ein eher laues Mozart-Lüfterl

Ein paar Buhs für den Dirigenten Christoph Eschenbach, kurzer, freundlicher Applaus für alle Beteiligten – Misserfolge sehen anders aus. Triumphe aber auch.

Denn die Neuproduktion von Wolfgang Amadeus Mozarts " Idomeneo" im Haus am Ring wäre szenisch wie auch musikalisch ausbaufähig.

Er wolle eine Inszenierung machen, die Bestand haben könne, meinte Kasper Holten sinngemäß im Vorfeld. Und Repertoire-Tauglichkeit kann man Holtens Umsetzung nicht absprechen. Holten hat sich von Mia Stensgaard ein dunkles Einheitsbühnenbild bauen lassen; auf dem Boden skizzieren Landkarten die Schauplätze. Dazu gibt einen riesigen Deckenspiegel, der für einige hübsche Doppellungen sorgt. Zeitlos-unbestimmt sind die Kostüme (Anja Vang Krah); düster das Umfeld des Herrschers Idomeneo.

Viel Schatten

Dieser kommt bekanntlich aus dem Krieg zurück. Holten zeigt das, indem er Idomeneo von den Schatten seiner Opfer verfolgen lässt. Auch Elettra wird von den blutigen Gestalten ihrer Ahnen geplagt. Traumata, die sich in einem Steh-Geh-und-Händeringen-Theater manifestieren. Wirkliche Aktionen gibt es kaum; nur am Ende stürzt das Volk eine Idomeneo-Statute und damit den König. Er und Elettra fahren zu den Untoten in die Unterwelt.

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Das ist alles völlig in Ordnung, stört nicht, trägt aber auch nicht wirklich Erhellendes zum 1781 uraufgeführten Werk bei. An Damiano Michielettos radikal-aufregende "Idomeneo"-Deutung vor knapp einem Jahr im Theater an der Wien darf man nicht denken. Und am Londoner Royal Opera House, der Heimstätte von Holten, hat bald Marin Kušejs "Idomeneo"-Version Premiere ...

Egal. Viel problematischer ist, dass die Staatsoper musikalisch zu wenig Fortune hat. Zwar sah sich Direktor Dominique Meyer vorab genötigt, den vor allem in Sachen Mozart teils hart kritisierten Christoph Eschenbach zu verteidigen. Ein Liebling des Publikums wird der Dirigent dennoch nicht so bald werden. Obwohl die eigens für Wien erstellte Fassung der Oper (man hat ein paar Nummern umgestellt) sehr plausibel ist.

Eindrücke aus "Idomeneo"

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Wenig Dynamik

Doch holt Eschenbach am Pult des soliden Orchesters zu wenig aus Mozarts Partitur heraus. Gleichförmig, ohne größere dynamische Abstufungen, ohne Ecken und Kanten plätschert die Musik oft recht unverbindlich dahin. Wenigstens können die Sänger auf dieser interpretatorischen Dezenz aufbauen.

Etwa Michael Schade in der äußerst diffizilen Titelpartie. Schade schlägt sich dabei sehr wacker, setzt auf tenoralen Ausdruck und Expressivität. Diesem Idomeneo glaubt man auch darstellerisch sein Leid und seine Untaten. Mehr müht sich da schon die Sopranistin Maria Bengtsson als Elettra, die ihre Rolle stimmlich meist anständig bewältigt, den Furor dieser stolzen Frau aber seltener über die Rampe bringt.

Ein weitaus stärkeres Rollenporträt gelingt Margarita Gritskova die in der Rolle des Idamante auch vokal die Hosen anhat. Gritskova – für sie gab es bei der Premiere dafür den größten Beifall – ist den nicht geringen Herausforderungen des Idamante in jeder Hinsicht gewachsen. Und die Mezzosopranistin findet in der Sopranistin Chen Reiss auch eine passende, liebliche Ilia.

Pavel Kolgatin (Arbace), Carlos Osuna (Oberpriester) und Sorin Coliban (Stimme) erledigen ihre kleineren Aufgaben tadellos; wie sich auch der Chor (Leitung: Thomas Lang) in das szenische wie musikalische Gesamtbild souverän einfügt.

KURIER-Wertung:

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