Kultur

"Geschichten aus dem Wiener Wald": Ein bitterböser Volltreffer

Da sage noch einer, zeitgenössische Oper sei ein reines, kopflastiges Minderheitenprogramm. Nicht, wenn HK "Nali" Gruber seine Finger im Spiel hat. Denn Grubers Ödön von Horváth-Bearbeitung "Geschichten aus dem Wiener Wald" (Libretto: Michael Sturminger) ist der tönende Beweis dafür, dass Musiktheater manchmal sogar eine (fabelhafte) literarische Vorlage übertreffen kann.

Nachspielbar

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Im Sommer 2014 wurden diese "Geschichten" bei den Bregenzer Festspielen erfolgreich aus der Taufe gehoben; nun ist die Produktion von Regisseur Sturminger im koproduzierendenTheater an der Wienzu sehen. Und Musikfreunde sollten sich diese Gelegenheit nicht entgehen lassen. Denn Sturminger hat Horváths Drama behutsam gestrafft, auf die Essenz reduziert und dennoch den Tonfall, das Idiom des Autors in jedem Satz perfekt eingefangen. HK Gruber hat dazu eine Musik geschrieben, die grandios zwischen allen Genres changiert. Klassisch-tonal, jazzig, mit Versatzstücken aus Wienerlied und Walzer virtuos spielend, dann bitterböse dramatisch – Grubers Universum zieht stets in den Bann. Dieses Werk wird – diese Prophezeiung ist gar nicht so gewagt – Eingang in das Repertoire finden und weiterhin gespielt werden.

Wenn Gruber dann selbst noch am Pult der virtuos aufspielenden Wiener Symphoniker (samt Vokalensemble Nova und Jazzorchester Vorarlberg) steht, ist dazu eine authentische, geistreiche Interpretation garantiert.

Ähnliches gilt für die Inszenierung, bei der Sturminger und seine kongenialen Ausstatter Renate Martin und Andreas Donhauser auf wenige Requisiten und kluge, filmische Projektionen setzen.

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Und die Besetzung? Die ist an der Wien meist erstklassig. An der Spitze: Die belgische Sopranistin Ilse Eerens als vokal tadellose, erschütternde Marianne undAngelika Kirchschlager, die mit der Rolle der Trafikantin Valerie eine neue Parade-Partie gefunden hat. Eerens und besonders Kirchschlager holen sich alles, finden in der legendären Anja Silja als böse Großmutter und in Anke Vondungs Mutter exzellente Mitstreiterinnen.

Bei den Herren können vor allem Daniel Schmutzhard als Filou Alfred, der ausgezeichnete Jörg Schneider als Oskar sowie Michael Laurenz als Erich punkten. Markus Butter und Albert Pesendorfer (Zauberkönig) führen das Ensemble an. Tipp: Nach der Oper ist im Souterrain Angela Schneiders literarischer Epilog "Fahrt ins Glück" mit einer intensiven Petra Morzé als Marianne zu erleben.

KURIER-Wertung:

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