Kultur

Hiphop-Epos am Schutthaufen der Postmoderne

Underground. Party. Laute Beats und Plattenspieler. Dieser 40-Jährige ist mittlerweile mehrfacher Multimilliardär mit Ablegern in allen Ländern der Welt. Gestatten? Hiphop, die Kunst des rhythmischen Montierens einzelner Geräusche, provokanter Reime und überzogener Klischees. Diese Ausdrucksform, die wie keine zweite die Populärkultur des späten 20. Jahrhunderts prägen sollte und den zeitgleich entstandenen Punk mehrfach überlebt hat, entstand im New Yorker Stadtteil Bronx, als dieser seine bittersten Jahre durchlebte. Wo stolze Häuser standen, lagen zertrümmerte und abgefackelte Ziegelbauten. Die innerstädtische Zone glich einem Kriegsgebiet. Hier entwickelte sich aus dem Disco-DJ all jenes, das heute die Clubs am Tanzen hält.

Was gäbe es Spannenderes, als diese Pionierzeit in einer Fernsehserie einzufangen? Baz Luhrmann hat es gewagt und mit "The Get Down" ein Hochgeschwindigkeitsmusical entworfen, das zwischen Bollywood und "8 Mile" pendelt und auf Netflix zu sehen ist.

Ein wahrer Bildersturm, entstanden aus den Schutthaufen der Postmoderne, prasselt auf die Zuschauer ein: Graffitimaler, Breakdancer, Freestylerapper und die legendären DJs bilden die Kulisse für eine entfesselte Liebesgeschichte eines jungen Mannes, der Poet sein will, und seiner Angebeteten, in deren Karriereplan Disco-Königin verzeichnet steht.

Bilderorgie

Netflix hat, wie berichtet, pro Folge zehn Millionen Dollar für diese Bilderorgie bereitgestellt, deren zweite Hälfte noch nicht einmal gedreht ist. Sechs Folgen von "The Get Down" sind derzeit verfügbar und sie zeichnen sich durch Authentizität und einen tollen Cast aus. Justice Smith spielt die Hauptrolle, den jungen Dichter und späteren Rapper Ezekiel Figuero, der sich unsterblich in die Sängerin Mylene Cruz (Herizen Guardiola) verliebt hat. Smith verkörpert stimmlich wie atmosphärisch glaubwürdig die Aura eines jungen Mannes, der kraft seiner Worte die Welt verändern will (wie nebenbei stellt er Co-Star Jaden Smith, Sohn von Will Smith, in den Schatten).

Als Coproduzent fungierte übrigens Grandmaster Flash, der damals wirklich dabei war, als auf Plattenspielern Popgeschichte geschrieben wurde. Er und der 90er-Jahre-Rap-Star Nas fungieren als Konsulenten. Letzterer steuerte Songs für den famosen Soundtrack bei.