Kultur

Harry Rowohlt: Eine Bärenstimme wird 70

Wenn einer "Moin, Moin " sagen darf, dann er: Er ist der Urhamburger.

Der Verlegersohn Harry Rowohlt, der nie Lust hatte, im Verlag seines Vaters einzusteigen und stattdessen mit Übersetzungen und Lesungen berühmt wurde. Und, für die weniger Literatur-affinen, als "Penner Harry " in der Serienlegende "Lindenstraße": Seit 1995 gibt er dort den grummelnden Graubart, der mit seinen sonoren Kommentaren die Sachlage immer auf den Punkt bringt.

Heute wird Rowohlt, der auch im echten Leben mit Brummstimme, eindrucksvollem Bart und zielsicheren Analysen zum Zustand der Welt besticht, 70 Jahre alt. Man hätte ihm gerne gratuliert, er hat allerdings kein Telefon. Ist grundsätzlich nur per Fax erreichbar und hat ohnehin im Vorfeld schon klargestellt, dass er seinen Geburtstag nicht kommentieren will. In seiner Lebensgeschichte "Im Schlucken-zwei-Spechte" erzählt er, wie es damals zugegangen sein muss: Rowohlt wurde am 27. März 1945 in der Hamburger Hochallee in einem Luftschutzkeller geboren. Und zwar als Zehnmonatskind. Immer, wenn er Lust hatte, auf die Welt zu kommen, war’s gerade ein schlechter Zeitpunkt.

Fünf Mal pleite

Fragen zum Verlag seines Vaters beantwortet er ungern, man weiß, dass er 49 Prozent davon erbte, dort aber nie einsteigen wollte. Sein Vater sei fünf Mal pleitegegangen, er hätte diese Tradition bestimmt wiederbelebt. An die 200 Bücher hat Rowohlt übersetzt und etliche Hörbücher "vollgequatscht", wie er es nennt. Den englischen Kinderklassiker Winnie the Pooh hat Rowohlt genial ins Deutsche übertragen und auf Hörbüchern eingelesen, unter dem Titel "Pooh’s Corner – Meinungen eines Bären von sehr geringem Verstand" schrieb er jahrelang Kolumnen in der Zeit und zeichnete sich dort als Meister des Abschweifens aus. Den Walt-Disney-Zeichentrickfilm über den naiven Bären hasst er übrigens.

Auch das Gesamtwerk des irischen Schriftstellers Flann O’Brian hat Rowohlt übersetzt und ist dafür vom Dachverband der irischen Whiskey-Brennereien mit dem Titel "Ambassador of Irish Whiskey" ausgezeichnet worden. Hat er sich auch redlich verdient. Seine Lesungen dauern nicht selten fünf Stunden und verbrauchten in der Vergangenheit gerne eine Flasche irischen Whiskey. Seit man bei ihm eine Nervenerkrankung diagnostiziert hat, ist das allerdings vorbei.

Rowohlt liest übrigens fast nur Texte, die er selbst geschrieben oder übersetzt hat. Eine Ausnahme machte er für die Science Busters und ihr Buch "Gedankenlesen durch Schneckenstreicheln".

Warum? "Aus Liebe."