Kultur

Junge Künstler machen Wellen am Wiener Gürtel

Die letzten zwei warmen Sommerabende eines Jahres sind normalerweise dazu da, in der Donau zu schwimmen, im Gras zu liegen oder auch einfach darauf zu warten, bis sie vorbei sind. Oder man verbringt sie tanzend in einer schwitzenden Menge in einem Wiener Gürtellokal. 

Auf stickige Luft musste man sich einlassen, wenn man das Waves Vienna 2024 erleben wollte. Ein Festival, bei dem sich junge Musiker und Musikerinnen, die meisten davon aus Europa, der Musikindustrie präsentieren. 

Indie-Pop aus Barcelona 

So auch Montesco aus Barcelona. Wie für viele andere Bands sind Festivalauftritte wie jene am Waves für Montesco nur durch externe Unterstützung möglich. Montesco haben sich bei Spanish Wave, einer spanischen Musikförderung, beworben und sind dadurch am Waves Festival gelandet. Gemeinsam machen die drei Musikerinnen verträumten Indie-Pop, und singen über Großstadt, Beziehungen, mentale Gesundheit und alle Gefühle, die damit so verbunden sind. Wie es sich so lebt in der Underground-Szene in Barcelona? „Es macht Spaß, die Bands kennen sich gegenseitig, wir unterstützen uns und besuchen gegenseitig unsere Konzerte“, sagt die Sängerin Helena Moreno. Die meisten Bands am Waves haben das Ziel, auch außerhalb ihres Heimatlandes Konzerte zu spielen. „Wir singen auf Spanisch. Zuhause in Barcelona gibt es aber auch einige katalanische Festivals, wo du nur eingeladen wirst, wenn du auf Katalanisch singst. Würden wir das tun, hätten wir außerhalb von Katalonien aber so gut wie keine Möglichkeiten, bekannt zu werden."

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Was das Waves bietet 

Neben über 100 Konzerten in 10 Gürtellokalen gab es beim Waves zahlreiche Networking-Events, Konferenzen zu Industriethemen und Panel-Diskussionen. Vertreten waren Booking- und Labelvertreterinnen, Branchenkenner und junge Künstlerinnen und Künstler. Manche Besucher machen selbst Musik, treten aber gar nicht auf. Für sie ist das Waves ein wichtiger Termin, um Kontakte in die Branche zu knüpfen. 

Abends bei den Konzerten kam dann auch der eine oder andere Musikliebhaber auf seine Kosten. „Als Musiknerd komme ich immer wieder gern aufs Waves, um neue Acts zu entdecken. Man kann sich mit den Künstlern austauschen, dazu bekommt man normalerweise selten eine Gelegenheit“, erzählt eine Besucherin. 

Auch Frankreich liebt’s

Ganz im Sinne des Waves dauert es also nicht lange, und man sitzt mit der Band Cosmopaark ganz entspannt vorm Kramladen. Die drei jungen Franzosen Baptiste, Clement und Wanda machen Shoegaze, der richtig schön über einen drüber wäscht. Dem Publikum hat die laute Show sichtlich gefallen, der Zuschauerraum war gesteckt voll, für viele war also nur Zuhören statt Zusehen möglich. Für Bassist und Sänger Wanda ist der Wiener Gürtel kein Neuland mehr. Er hat mit seiner anderen Band erst vor ein paar Monaten im Chelsea gespielt. Die U-Bahn-Bögen haben es ihm angetan. „In Bordeaux gibt es vielleicht zwei, drei Orte, wo du im DIY-Stil spielen kannst, aber so Locations wie hier in Wien haben wir nicht." Das geht einem natürlich das Herz auf, wenn mal wieder jemand vom Gürtel schwärmt. „Wir sind froh, hier sein zu dürfen. Unsere Booking-Agentur kommt für Flugtickets, Verpflegung und Unterkunft auf. Wir haben nachgeschaut, 17 Stunden mit dem Auto zu fahren wäre schon bitter gewesen. Seit wann ist Wien so weit weg?“ 

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Aus Frankreich kommt auch die Punkband We Hate You Please Die, die selbst sagt, von den Riot Girls der 90er inspiriert zu sein. Die Musik ist, kurz zusammengefasst, ähnlich subtil wie der Bandname, geht also ordentlich nach vorne. Im B72 dampft es an die Decke, es ist Stimmung. Gegen Ende hin gibt dann einer der Zuschauer auch noch wortwörtlich den Anstoß zum Moshpit, der sich trotz der kleinen Location gut ausgeht. 

„Geburtstag, Weihnachten und Ostern zusammen"

Der letzte Act des Waves heißt Modular alias Selena Hamers aus Hamburg. Ein Sound der 80er-Nostalgie und deutsche Romantik vereint, ganz im Sinne der Neuen Neuen Deutschen Welle. 

Vor dem letzten Song spricht die Sängerin ganz schnell ins Mikrofon: „Ich bin total überwältigt, das ist wie Geburtstag, Weihnachten, Ostern, alles zusammen.“ Mit ihrem Papa gemeinsam hat sie ihre bisherigen Songs produziert, die schon in großen deutschen Spotify-Playlists vertreten waren.

 

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Es ist keine Seltenheit, Musikerinnen nach dem Waves Festival auf größeren Bühnen wieder zu sehen. Vor einigen Jahren etwa trat der Musiker Yungblud auf, für den sich mittlerweile Fans auf der ganzen Welt begeistern. Manche Musiker am Waves haben schon Songs, die hunderttausendfach gestreamt wurden, andere wiederum haben einige wenige Songs veröffentlicht. Schön, dass am Waves für alle die gleichen Bedingungen gelten: 45 Minuten Stage-Time, die Bühnen sind am Gürtel auch alle relativ gleich groß. Gleich groß war auch die Hitze in jedem der Lokale, dem Gürtelpublikum macht das zum Glück nichts aus. 

Von Tanja Grasserbauer und Lena Grundner