Glücksterrorismus als Dienstleistungsangebot
Von Guido Tartarotti
Jahrelang beklagten sich Theaterdirektoren in Österreich und Deutschland, dass Gegenwartsautoren im deutschsprachigen Raum keine Stücke mehr schreiben (können). Nach der Generation Handke/Bernhard/Turrini war Schluss. Die logische Folge: An den Theatern grassierte der Dramatisierungsvirus, Romane oder Filme wurden für die Bühne adaptiert.
Jetzt ist anscheinend die Trendwende da. Roland Schimmelpfennig oder Sibylle Berg schreiben Erfolgsstücke, die ersten Bühnen-Texte von Daniel Kehlmann sind vielversprechend, immer mehr junge Autoren entdecken das Theater. Eine von ihnen ist Laura Naumann, deren Stück „demut vor deinen taten baby“ im Burgtheater-Vestibül österreichische Erstaufführung hatte.
Der Text erinnert, was Themenstellung und satirische Kraft betrifft, an Juli Zehs Terrorismus-Farce „Der Kaktus“, der Stil ist außerdem von Schimmelpfennig beeinflusst – die Figuren kommentieren immer wieder das eigene Tun.
Zentrum des Stücks ist ein originelles Gedankenspiel: Wenn alle Menschen die Euphorie einer knapp überstandenen Lebensgefahr erfahren können – nützte das nicht der Gesellschaft, indem der Einzelne zufriedener und damit auch produktiver würde?
Drei junge Frauen werden durch die Erfahrung eines Terror-Alarms Freundinnen – und beschließen, getürkte Terroranschläge als eine Art Dienstleistung zu inszenieren. Bald werden sie zu Stars. Aber dann läuft die Sache aus dem Ruder – und es kommt zum Showdown bei der Fußball-WM.
Witzig
Fazit: Das ist ein starker, witziger Text mit überraschenden Wendungen. Alexander Ratter inszeniert schwungvoll, wenn auch ein wenig hektisch. Das hinreißende Damen-Trio Stefanie Dvorak, Liliane Amuat und Jana Horst veredelt diesen mit einer Stunde Spieldauer angenehm kompakten Theaterabend.
KURIER-Wertung: **** von *****
Impressionen des Stückes