Gemischte Platte: Aloe Blacc, Bob Mould, William Shatner und mehr
Von Marco Weise
Aloe Blacc: All Love Everything
Der einst als große Hoffnung des Neo-Soul gehandelte US-Musiker („I Need A Dollar“) kehrt nach sechs Jahren Auszeit zurück. „All Love Everything“ nennt sich sein viertes Studioalbum und langweilt mit stets gut gelaunten und völlig austauschbaren Popsongs mit 0815-Rhythmen. Die Metamorphose vom ernst zu nehmenden Soulsänger mit Tiefgang zum oberflächlichen Wohlfühl-Schmusesänger scheint nun endlich vollzogen zu sein. Kein Zweifel, seine Stimme ist zwar immer noch fein, aber die neuen Lieder fallen einfach zu kreuzbrav , ideenlos und schmalzig aus. „I Do“ und „Corner“ sind zwar kuschelige, zum Weinen animierende Balladen, aber das können andere besser.
William Shatner: The Blues
William Shatner (weltbekannt durch seine Rolle als Captain Kirk in „Star Trek“) hat neuerdings den Blues. Der mittlerweile fast 90-jährige Schauspieler veröffentlichte nämlich kürzlich sein neues Album , das den Titel „The Blues“ trägt. Aufgenommen hat er es mit verschiedenen Künstlern, darunter Ex-Deep-Purple-Gitarrist Ritchie Blackmore. Während es andere in diesem hohen Alter eher gemütlich angehen, gibt Shatner den aufgebrachten, waidwunden Geschichtenerzähler, der auf der Suche nach Erlösung falsch abgebogen ist . Die Gitarren heulen, Chöre flehen und das Schlagzeug scheppert gemächlich gen Mississippi-Delta. Yeah!
Sufjan Stevens: The Ascension
Der in Brooklyn, New York, lebende Singer-Songwriter leidet auf seiner neuen Platte zwar elektronisch, aber nur selten aufdringlich. Er glaubt daran, dass ein besseres Amerika möglich ist – eines ohne Trump. Schnell erschließt sich einem dieses Werk nicht: Es dauert ein paar Durchläufe, bis man der Magie und den nicht ganz geradlinigen Ideen erliegt. Am Ende steht ein 12-minütiges Klagelied mit dem Titel „America“: „Don’t do to me what you did to America!“. Diese Bitte möge erhört werden.
Bob Mould: Blue Hearts
Trump. Corona. Fehlende Maßnahmen gegen den Klimawandel. Brennende Wälder. Polizeigewalt und Rassismus: Es ist nicht gerade die Zeit für gute Laune. Und daher hat der fast 60-jährige Bob Mould auch zu Recht einen dicken Hals. Der ehemalige Hüsker-Dü-Sänger und Elder Statesman des Alternative Rock hat sich wieder einmal die Gitarre umgeschnallt und seinen angestauten Frust in 14 knackige wie forsche Songs verarbeitet. Das hat so viel Power, dass es zwischen den Zeilen knistert.
Wandl: Womb
Der junge heimische Musiker und Produzent stellt auf seinem neuen Album wieder sein Talent unter Beweis. Die nur knapp 30 Minuten dauernde Platte verneint dabei jegliche klassische Pop-Struktur. Stattdessen reicht einem Wandl einen durchgehenden Klangteppich, der angenehm beruhigend einfährt. Die drückende Last der anspruchsvollen wie dichten Soundscapes wird von sich langsam aus dem Bett schleppenden Beats gestützt. Das alles steht zwar auf wackeligen Beinen, ist aber nachhaltig gelungen.