Kultur

Filmkritik zu "Rocketman": Der Mann steht immer noch

Wussten Sie, dass Elton John (72) eine klassische Musikausbildung hat? Dass er an der prestigeträchtigen London Academy of Music studiert hat? Bis er genervt von Bach, Mozart und Schubert war und den Rock’ n Roll für sich entdeckte.

Mit sichtlicher Begeisterung für die Persönlichkeit Elton Johns taucht der britische Regisseur Dexter Fletcher („Bohemian Rhapsody“) in seinem flamboyanten Biopic in das schrille Bühnen- und Alltagsleben des englischen Ausnahmekünstlers ein. Auch wenn er an der Oberfläche der kindlichen Frustrationen bleibt und die prägenden Wegbegleiter wie Elton Johns Songschreiber Bernie Taupin und seinen Manager und Liebhaber John Reid nur am Rande streift, ist „Rocketman“ eine zündende Kino-Unterhaltungsrakete.

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Vom dicklichen Buben Reggie – Elton John heißt eigentlich Reginald Dwight – in einem tristen Londoner Vorort der Sechziger Jahre über sein Stipendium an der Royal Academy, dem zufälligen Kennenlernen Bernie Taupins in einem Café und dem Durchbruch spannt sich der Bogen bis zum Ausleben der homosexuellen Neigung und der Alkohol- und Drogensucht von Sir Elton. Alles präsentiert in Hochglanzbildern mit Feelgood-Faktor.

Ohrwürmer

Aber dann ist da noch die Musik: Elton Johns Ohrwürmer von „Rocketman“ über „Your Song“ und „I’m Still Standing“ und „Don’t Go Breaking My Heart“. Zeitlos, saugut. Echt schwer, im Kino ruhig sitzen zu bleiben, wenn diese Hits von der Leinwand fetzen.

Großartig die Szene, wo Elton John und seine Musiker – und schließlich auch das Publikum – im US-Szenelokal „Troubadour“ buchstäblich abheben und zu „Crocodile Rock“ durch den Saal schweben. Da juckt es in den Füßen, da will man aufspringen und mittanzen. Bitte, liebe Kinobetreiber, räumt doch ausnahmsweise ein paar Sitzreihen frei!

Der junge Taron Egerton stülpt sich die exzessive – und jetzt im Alter so gesittet gewordene – Kultfigur Elton John wie eine zweite Haut über. Er singt und spielt, leidet und probiert alles aus, wie der echte Elton John. Schmeißt sich mit einer Verve in dieses Künstlerleben, dass man glaubt, den echten jungen Elton zu bestaunen.

Taron Egerton ließ es sich auch nicht nehmen, selbst zu singen. Er kommt nahe heran ans Original, nur die typische Elton’sche Bombast-Dramatik fehlt

Elton John, der Echte, hat sich ein Filmdenkmal geschaffen. Was auf jeden Fall bleibt, ist seine Musik.

INFO: GB/USA 2019. 120 Min. Von Dexter Fletcher. Mit Taron Egerton, Jamie Bell.

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