Kultur

Filmkritik zu "In Liebe, Eure Hilde": Gouvernante des Widerstands

Hitler persönlich lehnte das Gnadengesuch von Hilde Coppi ab. Im August 1943 wurde die 34 Jahre junge Frau, Mutter eines Säuglings, in Berlin-Plötzensee wegen „Hochverrats“ hingerichtet. Sie hatte sich als Mitglied der von der Gestapo sogenannten „Roten Kapelle“ – einer Gruppe mit kommunistischem Hintergrund – an Flugblattaktionen beteiligt und Funksprüche versendet.

„Es geht ganz schnell“, versichert ihr kurz vor der Hinrichtung der Pfarrer, dem sie einen letzten Brief an ihre Mutter und ihren Sohn Hans diktiert. Hans Coppi, bald 82 Jahre, erforschte später als Historiker die „Rote Kapelle“.

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Nüchtern und verhalten rekapituliert der deutsche Regisseur Andreas Dresen die Geschichte einer Widerständigen gegen das nationalsozialistische Regime; nicht als aufgeregtes Antikriegsdrama unter NS-Flaggen, sondern als introvertierte Rekonstruktion einer Privatperspektive. Die Hauptlast seiner in matte Farben getauchten Erzählung liegt auf den Schultern von Liv Lisa Fries: Mit zurückhaltendem Spiel, dafür umso wirkungsmächtiger, bringt der „Babylon Berlin“-Star die verdeckten Facetten einer stillen, aber unglaublich resistenten Frau zum Schwingen.

Freie Liebe

Hilde Coppi, geborene Rake, trägt in ihrem Bekanntenkreis den Spitznamen „die Gouvernante“. Mit ihrer Nickelbrille wirkt sie um einiges zugeknöpfter als ihre freizügigen Freundinnen, die sich auch gerne mal der freien Liebe hingeben. Dass der fesche Hans Coppi ein Auge auf sie wirft, kann sie kaum fassen. Aus dem unverbindlichen Liebesgeplänkel in hellen Sommertagen entwickelt sich eine tiefe Liebe.

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Dresen lässt die Geschichte in jenem Moment beginnen, in dem die schwangere Hilde Coppi verhaftet wird. Parallel zum tristen Gefängnisalltag fächert er in Rückblenden die Ereignisse bis zur Festnahme auf – allerdings verkehrt herum: Wenn Hildes Leben schließlich zu seinem tragischen Ende kommt, ist die Liebe zu Hans ganz frisch – und stellt sich so dem Tod entgegen. Zudem verzichtet der Regisseur auf Pathos und die musikalische Untermalung großer Emotionen. Stattdessen schafft er für seine umwerfende Hauptdarstellerin einen Resonanzraum, in dessen Stille sie sich der Wucht ihrer Gefühle stellen kann.

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Trotz des eigenen Dramas ist Hilde im Gefängnis offen für das Leid anderer. Nicht nur kümmert sie sich hingebungsvoll um ihr Baby, sie bleibt auch ihren Mitgefangenen und deren Kummer immer zugewandt. Selbst die eiserne Gefängniswärterin spürt ihr Nazi-Herz schmelzen im Angesicht ihrer couragierten Gefangenen – einer Frau, die das Richtige tut.

In ihrem letzten Brief an ihre Mutter und ihren Baby-Sohn verabschiedet sie sich so, wie sie gelebt hat: „In Liebe, Eure Hilde“.

INFO: D 2024. 125 Min. Von Andreas Dresen. Mit Liv Lisa Fries, Johannes Hegemann.