Federn lassen für den Höhenflug des Theaters in der Josefstadt
Elf Premieren kündigt das Theater in der Josefstadt für die kommende Saison an, die mit „Anna Karenina“ eröffnet wird und die Josefstadt-Debüts von Robert Meyer (er spielt in Ostrowskijs „Der Wald“) und Regielegende Dieter Dorn (er inszeniert zwei Stücke von Beckett und Feydeau an einem Abend über Traum und Albtraum, Sinn und Unsinn) bringt. Die Schlagzeile, die sich Intendant Herbert Föttinger wünscht, lautet übrigens: „Die Josefstadt befindet sich im Höhenflug.“
Diesen Höhenflug versuchte der Theaterleiter bei dem Pressegespräch am Mittwoch anhand von Charts mit den Auslastungszahlen zu belegen. „Ich hab zum ersten Mal in meinem Leben Taferln mit - das hat aber weniger mit Jörg Haider als mit Gesundheitsminister Rudolf Anschober zu tun.“ Aus Sicht Föttingers belegen die Kurven die grassierende Ausbreitung des „Josefstadt-Theatervirus“.
Während coronabedingt die Auslastung in der Josefstadt im November und Dezember bei 35 und 33 Prozent grundelte, zeigte die Kurve nun stark nach oben: „Im Mai passiert das Theaterwunder Josefstadt, da sind wir bei 80 Prozent Auslastung.“ In den Kammerspielen sei man nach 95 Prozent im Oktober auf knapp 40 Prozent im Dezember abgestürzt und hielt im Mai wieder bei 85 Prozent. Die Gesamtauslastung der bisherigen Saison bezifferte er auf Nachfrage mit durchschnittlich 73 Prozent (beide Spielstätten gemeinsam), am Ende werde man vermutlich bei 75 Prozent landen.
„Ein schwieriges Jahr war es allesamt - weil wir aufgrund von Corona 55 Vorstellungen total absagen mussten“, sagte Föttinger. 190 Vorstellungsänderungen in beiden Häusern sei „eine Zahl, die unglaublich ist, und die es dem Theater wirklich schwer macht. Man habe in dieser Saison über 260 positive Fälle registriert, alleine bei der Leseprobe zu dem Stück "Leopoldstadt" habe sich gleich die Hälfte der Mitwirkenden infiziert. "Entscheidend ist, dass wir nicht versuchen, das Theater totzuschreiben. Niemand weiß, wie der Herbst wird. Ich glaube aber nicht, dass es zu einem Lockdown kommt."
Derzeit halte man bei rund 15-16.000 Abonnenten, sagte der Theaterleiter. Das seien 1.500 bis 2.000 weniger als vor der Pandemie, "und wir werden uns sehr viel einfallen lassen, sie zurückzuholen". Etwa mit "Anna Karenina" (Silvia Meisterle in der Titelrolle), dem Start einer politischen Ibsen-Trilogie in der Inszenierung von David Bösch oder mit "Ritter, Dene, Voss" von Thomas Bernhard: Peter Wittenberg inszeniert mit Sandra Cervik in der Ritter-Rolle und Maria Köstlinger in der Dene-Rolle sowie Johannes Krisch die siebente Bernhard-Premiere der Direktion Föttinger.
"Wir gehen sehr siegesbewusst in die nächste Spielzeit", versicherte Föttinger. Zwei Millionen Euro habe man sich durch das Fertigproben von Produktionen für die kommenden zwei Spielzeiten erspart, insgesamt müsse man in diesen beiden Jahren sieben Millionen einsparen, "das ist das große Problem". Der Aufsichtsrat habe dem Theater auferlegt, nicht, wie bisher mit 10 Millionen Euro Jahreseinnahmen zu kalkulieren. "Jetzt müssen wir mit 7,5 Millionen Euro rechnen".
Die Unternehmensberatungsfirma BDO habe aufgezeigt: "Unser Einsparungspotenzial ist, dass wir weitaus weniger produzieren. Es war ja ein verrücktes Unternehmen, es ging immer nur um: spielen, spielen, spielen!" Daher werde man Schließtage einführen und Doppelvorstellungen streichen. Diese Entlastungen für das Theater sollen dauerhaft bleiben. Doch in der übernächsten Saison will Föttinger wieder mehr Premieren als heuer anbieten, wo man einige Wiederaufnahmen noch nicht im Abo angeboten habe.
Dass der Stiftungsvorstand ab 1. Juli Thomas Drozda heißt, "wurde mir mitgeteilt, und ich musste das zur Kenntnis nehmen", sagte Föttinger. "An der Entscheidungsfindung waren wir nicht beteiligt." Das sei "statutenmäßig nicht ganz korrekt passiert - wir hatten aber keine Alternative anzubieten."