Kultur

Essl: Kein Ankauf durch Niederösterreich

In den anschwellenden Gegenwind gegen einen Ankauf der Sammlung Essl hat sich am Donnerstag ein weiterer, gewichtiger Mitspieler eingebracht: Das Land Niederösterreich werde die Sammlung Essl nicht kaufen, sagte Landeshauptmann Erwin Pröll.

Es seien rund um das Angebot des Sammlers und bauMax-Gründers Karlheinz Essls, über einen Kunstverkauf die bauMax-Sanierung und damit den Erhalt von Arbeitsplätzen zu ermöglichen, „noch viele Fragezeichen“ vorhanden, so Pröll. Er halte jedoch „selbstverständlich“ künftige Zusammenarbeiten für möglich: „Kooperation ja, Ankauf nein“.

Kultursorgen

Auch aus der Kulturwelt werden immer mehr Stimmen laut, die sich gegen einen Ankauf der Sammlung aussprechen. Ein wichtiger Ton im Chor der Befürchtungen ist die Sorge, dass durch einen Ankauf die Kulturbudgets der kommenden Jahre leiden könnten. Ebenso wird Kritik daran geübt, dass für Kultur ohnehin zu wenig Geld da sei, wie es von mehreren Seiten, u.a. der Secession und der IG Autoren, hieß.

„Wenn der österreichische Staat einen Betrag dieser Größenordnung investieren will, um seinen Ruf als Kulturnation in der Gegenwart zu wahren, muss er seinen Fachleuten vertrauen und sollte den Betrag den eigenen Museen als Ankaufsbudgets zur Verfügung stellen“, hieß es von Seiten der Secession. „Statt einer Einzelperson würden viele profitieren.“

Nicht aus Kulturbudget

Das niederösterreichische Nein „ändert nichts an meiner Vorgangsweise“, sagte Kulturminister Josef Ostermayer, den der KURIER in Boston erreichte. „Am nächsten Mittwoch kommen alle an meinen Tisch“, und dann müsse man sich die vorgelegten Fakten ansehen.

Und der runde Tisch, zu dem die Essls sowie Vertreter der Banken, des Landes Niederösterreich, des Arbeits- und des Finanzministeriums eingeladen sind, sei „völlig ergebnisoffen“, sagte ein Sprecher des Kulturministeriums. Aus dem Kulturbudget kann der Ankauf „gar nicht finanziert werden. Die primäre Sorge gilt den Arbeitsplätzen – ob es eine Variante gibt, diese langfristig zu sichern oder nicht.“

Direktorengespräche

Insbesondere auch die Direktoren einiger Museen haben sich, unter Verweis auf die eigenen, mageren Ankaufsbudgets für zeitgenössische Kunst, gegen den Ankauf der Sammlung Essl ausgesprochen. Ostermayer plant nun, noch vor dem runden Tisch mit den Direktoren und Direktorinnen zahlreicher Kunstmuseen ein „offenes Gespräch“ zu führen.

Essl: "Stand nicht zur Diskussion"

„Unser Gesprächspartner für die Sammlung ist der Bund. Ein Verkauf an das Land Niederösterreich stand nicht zur Diskussion", sagte Karlheinz Essl auf KURIER-Anfrage. "Mit Landeshauptmann Erwin Pröll gibt es ein sehr gutes Einvernehmen. Ich schätze seine kulturpolitische Arbeit sehr. Seine Verdienste für die zeitgenössische Kunst sind unbestritten.“

Angesichts der Diskussionen um einen Ankauf der Sammlung Essl durch die Republik gibt sich Kulturminister Josef Ostermayer (S) besonnen: "Für eine Diskussion über Details und die Bewertung der angebotenen Kunstsammlung ist es zu früh", erklärte der Minister. Und: "Wenn ich gefragt werde, ob ich helfen kann, 4000 Arbeitsplätze zu retten, ist es selbstverständlich, dass ich alle Beteiligten zu einem Gespräch einlade."

Der 2. April wurde als Termin für den geplanten runden Tisch bestätigt. Vertreter des Landes Niederösterreich, der Gläubigerbanken Bank Austria, Raiffeisen und Erste Bank sowie die Familie Essl sind dazu geladen. Überdies werden Arbeits- und Finanzministerium vertreten sein.

Auf die Aufbruchsstimmung folgt Ernüchterung: Am Montag hatte bauMax-Gründer Karlheinz Essl vorgeschlagen, die Republik solle seine Kunstsammlung kaufen, damit bauMax saniert und 4000 Jobs in Österreich gerettet werden können.

Doch nach dem ersten Erstaunen überwog am Tag danach der kritische Blick: Auf die Qualität der Sammlung, auf Details des möglichen Ankaufsdeals und auf die seit Jahren vernachlässigte Sammelpolitik des Bundes.

Alle Inhalte anzeigen
So rieten unter anderem Belvedere-Direktorin Agnes Husslein, Ex-mumok-Chef Edelbert Köb und die Leiterin des MdM Salzburg, Sabine Breitwieser, die Sammlung Essl genau zu evaluieren. Hintergrund sei, dass das Sammlerpaar Essl nach sehr persönlichen Gesichtspunkten gesammelt und weniger bedeutende Teile nie abgestoßen hat. So seien nur Segmente der Sammlung von nachhaltiger Bedeutung.

"Das Ensemble ist mehr als die Summe der Einzelwerke", hält Karlheinz Essl dem im KURIER-Gespräch entgegen. "Es sind viele Künstler dabei, die keinen Marktwert haben, aber für die Kunstgeschichte wichtig sind."

Dass eine Liquidation Kunstmarkt und Künstler ruinieren würde, wie Essl warnt, stellt Gabriele Senn, Präsidentin des Verbandes österreichischer Galerien moderner Kunst, in Abrede: "Die arrivierten Werke werden vom Markt absorbiert. Jene, die nicht am Markt gehandelt werden, unterliegen auch keinem Preisverfall."

Direktor Zufall

Ein Ankauf der Sammlung durch die Republik rührt aber aus einem anderen Grund an einem wunden Punkt der Museumspolitik: Seit vielen Jahren haben die Bundesmuseen keine nennenswerten Ankaufsbudgets, um aktuelle Kunst zu sammeln. "Dieses Manko kann schwerlich durch eine staatlich verordnete Sammlungserweiterung ausgeglichen werden, die sich aus unvorhersehbaren wirtschaftlichen Nöten eines privaten Unternehmens ergeben", sagt mumok-Direktorin Karola Kraus zum KURIER. "Solche Zufallsentwicklungen stehen einer kontinuierlichen Museumsarbeit entgegen."

Am 2. April – der Termin ist bisher noch unbestätigt – soll es den runden Tisch geben, an dem Kulturminister Josef Ostermayer die Essls, das Land Niederösterreich, Finanz- und Sozialministerium zusammenbringen will. Eine Kaufverpflichtung des Bundes sei "Voraussetzung dafür, dass ein runder Tisch überhaupt Sinn macht", sagte dazu ein Sprecher von Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll.

Viele Detailfragen sind jedenfalls offen. Bisher besteht Essl auf die Übernahme der gesamten Sammlung und deren Erhalt im Klosterneuburger Museum. Wiens Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny kann sich im Fall einer Übernahme dagegen "mehrere Standorte" vorstellen und schlägt vor, Teile auch im Wiener Künstlerhaus zu zeigen: "Wenn Wien davon profitieren kann, wird man auch im Sinne einer Beteiligung mit uns reden können."