Kultur

Elina Garanča: "Eine Phase des Übergangs"

Ab heute, Mittwoch, ist sie wieder an der Wiener Staatsoper zu erleben, in einer ihrer Paraderollen: Als Charlotte in Jules Massenets "Werther". Doch für die Zukunft kündigt Elina Garanča spektakuläre, neue Rollen an. denn, so Garanča im KURIER-Gespräch: "Ich bin jetzt in einer Phase des Übergangs. Viele Partien, die ich bis jetzt oft gesungen habe, werde ich bald hinter mir lassen. Aber wenn eine Tür zugeht, öffnen sich andere."

Abschied

Konkret meint Garanča: "Ich denke, meine Zeit mit Mozart etwa ist vorbei, Auch den Octavian im ,Rosenkavalier‘ von Strauss werde ich nach einer Abschiedsproduktion an der New Yorker MET in zwei Jahren nicht mehr singen." Lachend: "Ich glaube einfach nicht, dass mich die Menschen ewig als jungen Burschen in Hosen sehen wollen. Und auch meine eigenen Stimme sagt: ,Elina lass es gut sein.‘"

Die innere Stimme, auf sie hört die Mutter zweier Töchter immer. "Seit der Geburt meiner beiden Kinder hat sich meine Stimme verändert. Ich finde, sie ist dunkler, reifer, voller geworden. Und daher ist es Zeit, in das leichte dramatische Fach zu wechseln. Ich bin da schon fleißig am Ausprobieren."

Neubeginn

Was der Superstar mit Bodenhaftung ausprobiert? "Eine Santuzza aus ,Cavalleria rusticana‘ kommt sicher, die Dalila aus, ,Samson et Dalila‘ auch. Eine Eboli in Verdis ,Don Carlo‘ ist bereits fixiert, auch die ,Aida‘-Amneris werde ich machen. Nur Anfragen in Sachen Wagner habe ich bis jetzt abgelehnt. Das bedeutet aber nicht, dass eines Tages nicht eine ,Lohengrin‘-Ortud oder eine ,Parsifal‘-Kundry in meinem Kalender stehen können. Aber dafür sollte die Stimme fast noch ein bisschen härter sein. Wir werden sehen, wohin mich mein Weg letztlich führt."

Nachsatz: "Aber Partien wie die Charlotte will ich weiterhin singen." Doch ändert sich im Laufe der Jahre das Bild von einer bestimmten Bühnenfigur? "Nicht wirklich. Die Kollegen ändern sich und wechseln. Und wir werden älter. Das ist Lauf der Dinge. Aber eine gewisse positive Anspannung, das Adrenalin vor jedem Auftritt, das ist immer da. Ich glaube, so alt kann man gar nicht werden, um diese Anspannung abzulegen. Und ich finde das gut so, denn man bleibt auf diese Art wach und neugierig. Zur Routine darf unser Beruf nie werden. Das hat das Publikum nicht verdient."

Und wie verhält es sich mit Konzerten wie "Klassik unter Sternen", das am 6. Juli 2016 bereits zum neunten Mal in Göttweig stattfinden wird? "Auch da muss man dem so treuen Publikum immer etwas Neues bieten. Ich überlege gemeinsam mit meinem Mann Karel Mark jedes Jahr, was wir diesmal Spezielles tun könnten. Aber für die Organisation ist er zuständig. Ich könnte das nie, dazu bin ich viel zu chaotisch. Deshalb könnte ich auch nie ein Festival leiten."

Familie

Aber wie vereinbart Elina Garanča ihren Beruf mit ihrem Privatleben, immerhin ist Ehemann Karel Mark Chichon als Dirigent auch sehr gut gebucht? "Ich versuche, meine Familie so oft wie möglich um mich zu haben. Vor allem jetzt, solange meine Töchter – die eine ist fast zwei, die andere vier Jahre alt – mich noch brauchen. Später stört man als Eltern ja ohnehin. Aber jetzt geht meine Familie vor. Meine Mutter ist ja heuer gestorben und ich weiß daher, wie kostbar es ist, mit den geliebten Menschen Zeit verbringen zu dürfen. Denn es gibt Momente, die kann man nie mehr nachholen."

Bodenhaftung

Also hat es auch Schattenseiten, ein Star zu sein? "Ich bin sehe mich nicht als Star. Warum auch? Natürlich will jede Sängerin geliebt oder sogar vergöttert werden. Nur das geht sich nicht immer aus. Ein falscher Ton, und die Menschen merken das. Das ist vielleicht ein Nachteil." Lachend: "Dafür gibt es auch einen kleinen Vorteil, wenn man in der Öffentlichkeit steht: Man bekommt vielleicht leichter einen Tisch in einem guten Restaurant."

Und welchen Rat würde Garanča jüngeren Sängerinnen und Sängern geben? "Lernen, lernen und lernen. Ich selbst arbeite regelmäßig mit meinem Gesangslehrer. Und es ist wichtig, bei einem Erfolg nicht abzuheben. Das habe ich immer vermieden. Für meine Freunde bin ich immer nur die Elina aus Riga."