Kultur

Eklat um neuen ORF-Standort

Mit einem Paukenschlag endete am Montagabend die Sitzung der Stiftungsrats-Arbeitsgruppe, die die Entscheidung über den künftigen Standort des ORF vorbereiten sollte. Die Stiftungsräte setzten einen Misstrauensakt gegen die ORF-Führung unter Generaldirektor Alexander Wrabetz und stellten die Arbeit ein. In einer Aussendung begründeten sie den spektakulären Schritt: "Die bis heute durch die Geschäftsführung vorgelegten Berechnungen und Unterlagen in der Frage der Wiener Standorte des ORF machen es der Arbeitsgruppe unmöglich, dem Plenum des Stiftungsrates eine Empfehlung zu geben. Trotz mehrfacher Aufforderungen durch das Plenum des Stiftungsrates und die Arbeitsgruppe hat die Geschäftsführung des ORF keinen begründeten Standortvorschlag unterbreitet. Die vorgelegten Zahlen waren nach Ansicht der Arbeitsgruppe weder schlüssig noch vergleichbar."

Viel gerechnet

Drei Berechnungen waren der Arbeitsgruppe in den letzten Wochen vorgelegt worden – mit jeweils unterschiedlichen Ergebnissen. Mal war die Zusammenlegung aller Standort auf dem Küniglberg die billigste, mal ein Neubau in Wien St. Marx die wirtschaftlichste Variante. Nur was der ORF-Chef selbst wollte, war bis Montag sein gut gehütetes Geheimnis. In der Sitzung ließ Wrabetz dann wissen, dass er einen Neubau am Standort St. Marx bevorzugt. Doch die Stiftungsräte zeigten ihm die kalte Schulter. "Dieser Präferenz konnte die Arbeitsgruppe mehrheitlich nicht folgen", erklärten sie in der Aussendung. Und: "Die Arbeitsgruppe Standort und Immobilienfrage hat damit ihre Tätigkeit mit heutigem Datum eingestellt."

Wenig sinnvoll

Der Vorsitzende der Arbeitsgruppe, der grüne Stiftungsrat Wilfried Embacher, sagte dem KURIER: "Wir haben einfach keine sinnvolle Möglichkeit gesehen, unseren Auftrag für den Stiftungsrat umzusetzen." Logische Folge: Der Stiftungsrat, der Ende Juni über ein zig Millionen teures Projekt abstimmen sollte, steht nun ohne eine gründlich vorbereitete und mit Daten untermauerte Empfehlung da.

Wrabetz könnte nun freilich trotz der Ablehnung von St. Marx durch die Arbeitsgruppe in der nächsten Stiftungsratssitzung den Antrag auf Umzug an einen neuen Standort stellen. Eine Mehrheit dafür scheint aus heutiger Sicht allerdings auch dort unwahrscheinlich. Schon gar nicht darf er auf eine breite Mehrheit hoffen.

Wie es nun mit den Wiener ORF-Standorten und der Sanierung der ORF-Zentrale am Küniglberg weitergehen soll, bleibt vorerst unklar. Für einen Standortwechsel des ORF nach St. Marx hatte sich in der Vergangenheit vor allem die Gemeinde Wien mit der Wiener SPÖ im Rücken ausgesprochen. Für Wrabetz ist es indes die nächste kalte Dusche in der noch jungen zweiten Amtsperiode. Zu Beginn des Jahres kam er wegen der beabsichtigten und später abgesagten Bestellung von Niko Pelinka zu seinem Bürochef unter Druck von Belegschaft und Öffentlichkeit.

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