Kultur

Ein Strizzi-Musical fürs Herz oder: Les Misérables aus Meidling

Sex, Crime und Action. Und ein soziales Anliegen. Das dem Meidlinger Verbrecherkönig Johann Breitwieser gewidmete Stück " Johnny Breitwieser – eine Verbrecher-Ballade aus Wien" hat alles, was ein guter Abend braucht. Die von Thomas Arzt und Jherek Bischoff geschriebene und von Alexander Charim in Szene gesetzte Performance gelingt, nicht zuletzt dank des tollen Ensembles.

Zwischentöne gibt es allerdings kaum: Der Abend betont Höhen und Tiefen und ist mitreißend – auch dank Bischoffs Musik, die einerseits vom Wienerlied inspiriert ist und zugleich klassische Musical-Songs bietet, allerdings in der subtileren Variante. Naheliegende Brecht/Weill-Affinitäten wollte Bischoff vermeiden. Assoziationen an deren Zeitgenossen Friedrich Hollaender drängen sich jedoch nicht nur durch Lieder, die mit "Johnny ..." beginnen, auf.

Ein Wunder, dass diese wahre Geschichte des "Wiener Robin Hood" erst jetzt für die Bühne entdeckt wurde, denn sie ist bester Drama-Stoff. Thomas Arzt hat die romantische, aber vorhersehbare Story vom kurzen Leben des kriminellen Volkshelden Johann "Johnny" Breitwieser (Martin Vischer) klug dramatisiert: einerseits hat er sie durch drei symbolhafte Figuren bereichert – Anne, seine Liebe (Franziska Hackl), Greta, seine Sehnsucht (Katja Jung) und Luise, sein Volk (Nicola Kirsch), andererseits den klassischen Antagonismus Strizzi versus Kieberer (Florian von Manteuffel) unterstrichen. Durch Johnnys Bruder Carl (Thiemo Strutzenberger) kommt die soziale Komponente ins Spiel. Regisseur Charim verpasst der Verbrecherstory vor dem Hintergrund des ersten Weltkriegs einen bewusst anachronistischen, aber glaubwürdigen Film-Noir-Touch. Klassische Filmszenen, sexy und atemlos.

Ivan Bazaks Bühne ist gelungen: Ein riesiges, multifunktionales Gitter aus Stahlstreben. Dahinter musizieren, effektvoll beleuchtet, Schlagzeuger Mathias Koch und das Streichquartett des Ensemble Lux.

KURIER-Wertung: