Kultur

Nur noch kurz die Welt retten

Was wäre Don Quijote heute? Wahrscheinlich würde man ihn Psychopath nennen. Träume? Gehören umgesetzt! Wie süß ...

Regisseur Peter Raffalt hat sich in der Jungen Burg Cervantes vorgenommen. Herausgekommen ist eine der besten Premieren dieser Saison – und das beschränkt sich nicht auf Jugendtheater.

Don Quijote (ein ganz großes Talent: Johannes Hoff) geht mit einer berückend ungestümen Naivität an die Dinge heran, sodass selbst Phlegmatiker Sancho Pansa (sehr gut: Ferdinand Nowitzky) euphorisch wird. Don Quijotes Abenteuer sind naive Weltrettungsaktionen mit Rührschüssel statt Helm: Er kämpft gegen Prostitution, wobei er die Dame, die ihrem Gewerbe nachgeht, für eine Prinzessin hält. Er nimmt sich die Banken vor und fragt treuherzig, wozu denn diese Welt Geld brauche. Er trifft Ute Bock und will jedem Flüchtling persönlich ein Zuhause geben. Als seine Rosinante überfahren wird, sucht er den Schuldigen beim Mercedes-Händler – den Autoverkäufer nimmt er gleich mit. Und natürlich demonstriert er auch gegen Rechts: Regisseur Raffalt hat seine Schauspieler unter die Demonstranten gegen den Akademiker-Ball gemischt und mitgefilmt.

Tollpatschig

Betulich und gutmenschig ist hier aber gar nichts. Im Gegenteil: Der idealistische Kampf gegen Windmühlen – hier Windräder – ist so tollpatschig, dass es lachen und weinen gleichzeitig macht: Denn eigentlich wäre es unsäglich traurig, sollte der Einsatz für eine bessere Welt nur Träumerei sein.

Raffalt arbeitet, wie schon bei seiner Kleist-Bearbeitung "Ego Shooter – Michael Kohlhaas" mit Video und Computerspiel-Elementen. Dem Thema Traum und Realität widmet er viel Liebe zum Detail: Der Ritter wird seine Dulcinea nur als Fee treffen, die ihm gleich wieder entgleitet – ein Bild wie Peter Pan und Tinker Bell.

Vielleicht ist es ganz gut, dass es beim imaginären Treffen bleibt, denn diese Dulcinea heißt in Wahrheit Doris und kommt aus Nussdorf. Sie ist ein herzergreifend einsames Fräulein (besonders liebenswert: Bernadette Kitzik), das am Flughafen beim Bodenpersonal arbeitet, aber mit den Händen spricht, als wäre es weit über den Wolken. Wo die Liebe wohnt, will sie per Kontaktanzeige erfahren. Und zwischen durch spielt eine Band im (bartlosen) ZZ-Top-Look ergreifende Schnulzen.

KURIER-Wertung: