Kuratorin Naomi Beckwith wird Kunstschau documenta 16 leiten
Von Michael Huber
Naomi Beckwith, stellvertretende Direktorin des Guggenheim Museums in New York, wird die Kunstschau documenta leiten. Die US-Amerikanerin wurde am Mittwoch in Kassel präsentiert. Die 16. Ausgabe der Kunstschau ist vom 12. Juni bis 19. September 2027 geplant.
Beckwith beschäftigte sich in ihrer bisherigen Arbeit intensiv mit afroamerikanischen und afrodiasporischen Künstlern und Künstlerinnen und ihrer Resonanz in der zeitgenössischen Kunst.
An ihrer früheren Wirkungsstätte, dem MCA in Chicago, organisierte sie etwa eine monografische Schau zu der Künstlerin Howardena Pindell. Sie war zudem Mitglied des Kurator*innenteams zur Realisierung der Ausstellung "Grief and Grievance: Art and Mourning in America" unter dem Kurator Okwui Enwezor. Der 2019 verstorbene, gebürtige Nigerianer Enwezor hatte mit der "documenta 11" (2002) wesentliche Weichen gestellt, um die bis dahin westlich orientierte Kunstwelt für außereuropäische und außeramerikanische Einflüsse zu öffnen. Diesen globalen Zugang wolle sie weiter pflegen, sagte Beckwith bei der Pressekonferenz.
documenta 16: Mit Beckwith gemäßigt global?
Zugleich hatte die Öffnung für den "globalen Süden" die documenta zuletzt in die Krise geführt, da das indonesische Kollektiv Ruangrupa unter anderem antisemitische Inhalte zugelassen hatte. Solche Pannen werde es unter ihrer Führung nicht geben, versprach Beckwith: "Ich werde ständig in Kontakt mit den Kunstschaffenden sein und nicht erst am ersten Tag der Ausstellung ein Kunstwerk sehen. Ich werde nichts zulassen, was meine eigene Ethik als Kuratorin verletzt."
Sven Schoeller, als Oberbürgermeister der Stadt Kassel zugleich Aufsichtsratsvorsitzender der Betriebsgesellschaft, lobte die "exzellente Wahl" und nannte Beckwith "eine Person, die ein tiefes Verständnis für die documenta in ihrer Historie und ihrer gesellschaftlichen Wirkkraft mitbringt." Er verwies auf die zahlreichen organisatorischen Neuerungen, die sich die Kunstschau gegeben hatte: Noch vor einem Jahr habe die Schau in "einer ihrer schwersten Krisen" gesteckt, viele hätten die documenta schon abgeschrieben.
Ursprünglich hatte die Künstlerische Leitung schon früher berufen werden sollen. Allerdings sorgte die Aufarbeitung des Antisemitismus-Eklats um die documenta fifteen im Sommer 2022 für Verzögerungen.
Die Schau war von internationalen Antisemitismus-Diskussionen überschattet worden. Nach Antisemitismus-Vorwürfen auch gegen ein Mitglied der Findungskommission für die documenta 16 war Ende vergangenen Jahres zunächst dieses Mitglied und später das gesamte Gremium zurückgetreten. Eine neue Findungskommission berief der Aufsichtsrat der Weltkunstschau erst Anfang Juli.
Die documenta gilt neben der Biennale in Venedig als wichtigste Ausstellung für Gegenwartskunst.