Kultur

Die Zeit der Schonkost ist vorbei

Endlich – wird sich wohl so mancher Opernliebhaber gedacht haben: Die Zeit der musikalischen Schonkost ist vorbei; im Haus am Ring geht es (orchestral groß besetzt) wieder richtig zur Sache. Richard WagnersMeistersinger von Nürnberg“ sind zurück – in der nach wie vor funktionierenden Inszenierung von Otto Schenk und in teils neuer Besetzung.
Am Pult steht Simone Young, die bei der Wiederaufnahme des Werks auch (sehr überzogenen) Protesten ausgesetzt war. Young setzt auf Tempo, auf Dramatik, auf große Steigerungen und dennoch subtile, ja innige Momente. Dass die berühmt-berüchtigte Prügelszene am Ende des zweiten Aufzugs in Einzelteile zerfiel, dass ein sehr mediokres Cello-Solo zu Beginn störte, ist zwar unerfreulich, sollte jedoch den positiven Gesamteindruck nicht allzu sehr trüben. Young und das gute Orchester kennen „ihren“ Wagner, manche Passagen klingen einfach unfassbar schön.

Strahlkraft

Und die Sänger? Tenor Johan Botha ist der bewährte, herrlich kultiviert und mit strahlendem Timbre (samt vorgeschriebener Höhen) singende Walther von Stolzing – einen besseren Interpreten dieser Partie wird man schwer finden. Ähnliches gilt für Adrian Eröd, der die Rolle des Sixtus Beckmesser hörbar auskostet und ausspielt und sich als idealer Gegenspieler zu Bothas Stolzing erweist.
Hausdebütant James Rutherford gibt einen stimmlich schön timbrierten, klug phrasierenden Hans Sachs, dem nur manchmal die Durchschlagskraft fehlt. Ideal: Ain Anger als Veit Pogner. Ein Ereignis aber ist Norbert Ernst als David. Der Tenor klingt mitunter wie der junge Heinz Zednik und ist ein Genuss.
Schwächer – in einem sonst soliden Ensemble samt starkem Chor – die Damen: Christina Carvin hat als Eva eine sehr schöne, aber für das Haus am Ring etwas kleine Stimme; von Zoryana Kushplers Magdalene versteht man kein Wort. Dennoch eine Freude.

KURIER-Wertung: **** von *****