Kultur

Die TTR Allstars sind mit einer lässigen Sturheit gesegnet

Wer in Österreich Hip-Hop sagt, muss auch Linz sagen. Denn die oberösterreichische Landeshauptstadt war (und ist immer noch) das heimische Epizentrum dieses Musikstils: Von Linz aus hat sich Anfang der 1990er-Jahre der Mundart-Rap wellenförmig bis nach Deutschland ausgebreitet. Für diesen Siegeszug stand das Label Tonträger Records, das vor 25 Jahren von den Mitgliedern der Band Texta ins Leben gerufen wurde. Ein Gründungsmitglied ist Philipp Kroll alias Flip, der neben dem alltäglichen Label-Betrieb noch Beats für Rapper aus dem In- und Ausland produziert, mit Texta tourt, und seit Jahren Teil der TTR Allstars ist.

Das ist eine Linzer Hip-Hop-Supergroup, die sich aus den Crews Average, Da Staummtisch, Kayo, Hinterland und Texta zusammensetzt. „Das ergibt acht MCs und zwei DJs“, wie Flip im Gespräch sagt. Wer so viele Musiker und damit Ideen und Terminkalender unter einen Hut bringen will, braucht gute Nerven und ein Organisationstalent. Flip scheint beides zu haben, denn es ist ihm wieder einmal gelungen, alle zusammenzubringen.

Gegenentwurf

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13 Songs haben es auf das neue und dritte gemeinsame Album mit dem Titel „In unsam Haus“ geschaft. Die „Stoistodtkinder“ gehen es darauf gewohnt lässig, niveauvoll und gesellschaftskritisch an. Sie bilden einen wichtigen Gegenentwurf zu den Hobby-Gangstern, die das Genre Deutschrap mehrheitlich zu bieten hat. „Die textliche Komponente war uns immer schon wichtig. Ein gewisses Level an Qualität und Inhalt muss gegeben sein, damit wird das überhaupt ernst nehmen. Dabei sind wir relativ streng. Gegen Hypes und schnelllebige Trends im Hip-Hop sind wir immun. Vielleicht ist diese Sturheit, diese Anti-Pop-Haltung auch etwas, was die Linzer Hip-Hop-Szene ausmacht. Hier kommt man mit dieser übertriebenen Pop-Pose, mit diesem Auf-dicke-Hose-Machen nicht weit“, sagt Flip.

Auf „In unsam Haus“ wird auch Abschied von Texta-Urgestein, TTR Allstar und gutem Freund Harald „Huckey“ Renner genommen. Dem 2018 verstorbenen Musiker wurde auf der neuen Platte mit „H.u.c.k.e.y.“ ein eigener Song gewidmet. Es ist nicht die einzige nachdenkliche Nummer, die im sympathischen „Linza“-Dialekt gerappt wird. Hausmarke eben. Und mittlerweile eine Besonderheit: „Der österreichische Dialekt ist im Hip-Hop-Bereich zwar nicht ganz verschwunden, aber er wurde durch den deutschen Kulturimperialismus schon massiv zerschlagen. Die Stars der Deutschrap-Szene, an denen sich der Großteil der Jugendlichen orientiert, rappt halt nicht im Dialekt. Was aber vermehrt zum Einsatz kommt, sind andere Sprachen, Sprachen mit denen viele Künstler mit Migrationskultur aufgewachsen sind. Es geht dabei vor allem um türkische und arabische Wörter. Und dann werden natürlich extrem viele Anglizismen eingebaut. Man braucht dazu ja nur die Songs von den jungen heimischen Rapperinnen wie KeKe oder Eli Preiss als Beispiel nehmen. Da spielt Mundart überhaupt kein Thema mehr. Der Mundart-Rap-Boom war Ende 2000er-Jahre vorbei“, sagt Flip.

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Auf Tour

Die Musik zu den Texten stammen hauptsächlich von den Labelproduzenten Concept, Flip, Kayo und Alex the Flipper, aber auch neue Namen wie Boba J und Johnny Cashless sind mit Kompositionen vertreten. Die Beats zum Song “Lumidee” wurden von Detroit über den Atlantik nach Linz verschickt: Sie stammen von Black Milk, der schon für Größen wir Cypress Hill gearbeitet hat.

Alles super also? Fast. Denn Frauen sucht man auf dem Album leider vergeblich. Warum? „Das hat viele Gründe. Einerseits ist das ein historisch gewachsenes Problem: Wir haben zwar immer wieder einzelne Songs mit Frauen aufgenommen, arbeiten auch immer wieder mit weibliche MCs, aber der Kern des Allstars-Ensembles ist halt männlich.“ Was nicht ist, kann ja noch werden.

Derzeit sind die TTR Allstars auf Tour. Heute, Samstag, gastiert man in der Arena Wien. Den Support übernehmen Mo Cess & DJ Chrisfader. Am 17. März geht es ins Treibhaus nach Innsbruck. Am 24. März gastieren die TTR Allstars im Freiraum in St Pölten. Am 1. April ist man im Röda in Steyr. Am 17. Mai steht Vöcklabruck am Tour-Plan (OKH Offenes Kulturhaus).