Die Roboter der Gesellschaft
Von Michael Huber
Manifeste waren etwas für die Avantgarde von gestern, heute schreibt ein Roboter sie: Im Wiener MAK kritzelt ein Automaten-Arm kluge Sätze auf Papier. "Aus Weisheit geht Bedeutung hervor", steht da etwa, es bedeutet viel und zugleich Nichts.
In ihrer primären Form ist die Vienna Biennale aber kein Manifest, sondern eine Ansammlung von Ausstellungen – und als solche ist sie äußerst gut gelungen. Bemängelte man bei der ersten Ausgabe 2015 teils noch das übermäßige didaktische Moment und die Überfrachtung durch Textwüsten, so ist der Parcours nun luftiger und ansprechender geworden, die Verzahnung von Design, Technologie und bildender Kunst funktioniert besser.
Roboter im Überblick
Jenseits der Extreme
Im MAK-Obergeschoß sucht die Schau "StadtFabrik" Antworten im Feld des nachhaltigen Designs und der Gemeinwohl-Ökonomie – eine Fortführung der Ideensammlung, die bei der ersten Biennale als "2051 – Smart Life In The City" firmierte.
Beide Räume bestechen zunächst durch ihre innere Stimmigkeit. Kein Lehrpfad führt hier durch, dafür dürfen Kunstwerke strahlen: Etwa die alchemistisch anmutenden Gefäße von Kiki Smith, die laut Aufschrift für Körperflüssigkeiten gedacht sind und die ästhetische Perfektion auf Ekel prallen lassen, oder die Videos von Jeremy Shaw, der seine Freunde unter Halluzinogen-Einfluss setzte; die Frage des Wissenschafters Andrew Smart, ob Künstliche Intelligenz LSD-Trips unternehmen kann, bildet den Hintergrund.
Die oft beschworene Kraft der Kunst, neue Denkwege zu eröffnen, erscheint in diesem Setting nicht als hohle Phrase: Wo alles quantifizierbar und mit Algorithmen erfassbar scheint, wird es zur herausragenden menschlichen Qualität, auch Un-Sinn produzieren zu können. Der Satz "Ich weiß nicht", der über einer Sammlung nutzloser und dabei ästhetisch umwerfender Objekte von Bruno Gironcoli, Padhi Frieberger und anderen steht, erhält so fast sokratische Weisheit.
Andere Biennale-Projekte stoßen in diese subversive Richtung weiter vor – etwa die Schau "Work It, Feel It" in der Kunsthalle am Karlsplatz, in der Künstlerinnen und Künstler die Ästhetik von Fitness und Selbstoptimierung in kluger Weise übersteigern und karikieren.
Info: Programm bis 1. Oktober 2017
Das MAK Wien initiierte 2015 die erste„Mehrsparten-Biennale“ für Kunst, Design und Architektur. Partner sind das Architekturzentrum Wien (AzW), die Kunsthalle Wien, die Wirtschaftsagentur Wien sowie die Universität für angewandte Kunst, die jeweils eigene Programmpunkte realisieren.
Im Innen- und Außenraum Das AzW hat am Nordbahnhof Wien im Rahmen der Biennale einen öffentlichen Arbeitsraum eingerichtet, in der Stadt wurden so genannte „Demonstratoren“ an verschiedenen Orten aufgestellt. Zur Biennale wurde auch eine eigene App entwickelt. Das tägliche Programm findet sich auf www.viennabiennale.org.