Kultur

"Der Mann von La Mancha" als Volksopern-Hit

So stimmig, so klug, so hintergründig, so gnadenlos und so berührend kann Musical auch sein. Zumindest dann, wenn man einen Stoff wie "Der Mann von La Mancha" zur Verfügung hat und diesen Smash-Hit aus der Feder von Mitch Leigh (Musik) und Dale Wasserman ( Buch) auch noch entsprechend gut umsetzt.

All das ist an der Wiener Volksoper geschehen, wo Direktor Robert Meyer als "Ritter von der traurigen Gestalt" in der Inszenierung von Olivier Tambosi brilliert und damit seinem Haus einen sicheren Renner beschert. Dabei ist es wahrlich keine leichte Kost, die Regisseur Tambosi und sein Ausstatter Friedrich Despalmes dem Publikum vorsetzen.

Realismus

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Es gibt keine Windmühlen, keine prächtigen Landschaften, keine Kirchen, keine Riesen und de facto auch keine Ritter. Denn Tambosi belässt das Geschehen rund um den Dichter Cervantes, der in einem Gefängnis mit Mithäftlingen seinen "Mann von La Mancha" nachspielt, in einem düsteren, kalten Kerker. Nur die notwendigsten Requisiten (ein paar Metallkisten oder Langhaarperücken) kommen hier zum Einsatz. Und eine Treppe, die vom Bühnenplafond herunterfährt und die Gefangenen zum Verhör und damit zu den Schergen einer nicht näher definierten, totalitären Staatsmacht führt.

Genau das hatten einst – das Musical wurde vor 50 Jahren uraufgeführt – auch Leigh und Wasserman intendiert; Tambosi geht diesen Weg weiter. Mit Erfolg, denn selbst die heikle Vergewaltigungsszene der Aldonza kommt nicht plakativ daher, sondern beinhart realistisch. Frei nach dem Motto: Die Welt ist grausam, erträumen wir uns eine bessere.

Dass dieser "unmögliche Traum" derart gut funktioniert, liegt auch an der musikalischen Seite. So hat Dirigent Lorenz C. Aichner das hinter der Bühne platzierte Orchester bestens im Griff und schenkt einem meist tadellosen Ensemble (u. a.: Christian Graf, Mehrzad Montazeri, Christian Dolezal, Martina Dorak, Thomas Sigwald, Wolfgang Gratschmaier) den passenden Klangteppich, ohne zu tief in den Kitschtopf zu greifen.

Beförderung

Das Ereignis dieser Produktion aber ist der Hausherr selbst. Vor mehr als 20 Jahren war Robert Meyer am Gürtel der Sancho, jetzt ist er ein brillanter, gesanglich wie darstellerisch intensiver, berührender Don Quixote. An seiner Seite gibt Boris Pfeifer einen quirligen Sancho; Patricia Nessy ersingt und erspielt sich (nach anfänglicher Nervosität) die Aldonza/Dulcinea mehr als beachtlich.

KURIER-Wertung: