Der Festwochen-Intendant und die hartnäckigen Headhunter
„Ich habe keine Veränderung angestrebt und mich nirgendwo beworben. Ich wollte wirklich gern in Wien weitermachen und habe das auch den Headhuntern gesagt. Aber sie sind hartnäckig geblieben. Es war wirklich keine leichte Entscheidung.“ So erklärt Festwochen-Intendant Christophe Slagmuylder im APA-Interview seine am Mittwoch bekannt gewordene Zusage, 2023 und damit ein Jahr vor Ablauf seines Wiener Vertrags an das Brüsseler Kulturzentrum Bozar zu wechseln.
Zwei Gründe hätten die Entscheidung erleichtert: Es ist eine Rückkehr in seine Geburtsstadt, die lange auch seine künstlerische Heimat war. Und es ist nach 20 Jahren als Festivalmacher ein festes Mehrspartenhaus, in dem er sich noch einmal neu erfinden und bewähren kann. „Zu einem weiteren internationalen Festival wäre ich nicht gewechselt. Da hatte ich in Wien wirklich die denkbar besten Bedingungen.“ Während den Festwochen durch die Sanierung des Theaters an der Wien eine wichtige Spielstätte abhanden gekommen ist, hat das Palais des Beaux-Arts gleich mehrere Ausstellungs- und Aufführungssäle, von denen der größte 2.200 Plätze fasst.
Einen Grund habe sein Wechsel jedoch sicher nicht, betont der Intendant: künstlerisches Scheitern. „Ich habe sehr viel positiven Zuspruch erfahren - aus dem Publikum wie von Künstlern und Kollegen. Ich verschließe mich aber nicht vor Kritik. Und ich bin sicher, dass meine schärfsten Kritiker mit ihren Angriffen nicht nur mich oder die Institution meinen, sondern mitunter auch politisch motiviert sind.“
Habe es aber nicht doch einige Kritik gegen die Tanz- und Performancelastigkeit seiner Programmierung gegeben, die die Wiener Festwochen zu wenig klar vom ImPulsTanz Festival abhoben, oder gegen die zu geringe Einbindung der Wiener Szene? „Tanz und Performance gab es immer schon bei den Wiener Festwochen, lange vor meiner Zeit. Und wir haben mit dem Arnold Schoenberg Chor und Caroline Peters ebenso neue Projekte aus der Taufe gehoben wie mit Philip Gehmacher, Markus Schinwald, Michikazu Matsune, Laia Fabre und Thomas Kasebacher, Bernhard Gander, dem PHACE Ensemble oder dem Klangforum Wien. Ich sage nicht, dass ich nicht noch mehr hätte machen können. Aber ich hätte auch einfach ein Best-of einkaufen können. Bewährte internationale Positionen zu zeigen ist ein zentraler Teil unseres Festivals, aber nicht alles. Die Aufgabe der Festwochen ist es auch, experimentellere und neue Positionen zu unterstützen. Manches davon gelingt, manches nicht so, wie man es sich vielleicht erhofft hatte.“
Elf von 37 Produktionen der vergangenen Festival-Ausgabe seien von den Festwochen initiiert und produziert gewesen, hebt Geschäftsführerin Artemis Vakianis hervor. „Das ist unsere Aufgabe: Neues anzustoßen und möglich zu machen.“ Festwochen-Produktionen seien heuer in vier verschiedenen Städten zu Gast. Auch die 83-prozentige Auslastung sei „aus unserer Sicht ein gutes Ergebnis, über das wir uns sehr gefreut haben“. Rund die Hälfte der Vorstellungen sei ausverkauft gewesen - „auch das ist im langjährigen Vergleich ein ausgezeichnetes Ergebnis“.
Die durch eine kürzlich vom „Kurier“ publizierte Beantwortung einer von der Wiener ÖVP gestellten Anfrage bekannt gewordenen Zahlen - so wurden 34.993 Karten aufgelegt und nur 15.104 Karten, also 43 Prozent, davon zum Vollpreis verkauft - stimmten zwar alle, stellten jedoch „den falschen Diskurs dar“, so Vakianis. „Das Zusammenspiel von normalen und verbilligten Karten sowie Freikarten ist eine ganz normale Vorgehensweise. Es entspricht auch unserem kulturpolitischen Auftrag so vorzugehen.“
Das Karteneinnahmenziel von 700.000 Euro habe man erreicht und sei daher mit dem wirtschaftlichen Ergebnis zufrieden. Nicht zufriedenstellend sei allerdings gewesen, dass - u.a. bedingt durch den Ausfall einer Produktion - deutlich weniger Karten angeboten wurden als früher. „Das werden wir schon im kommenden Jahr ändern.“
2023 wird also der Abschlussjahrgang von Christophe Slagmuylder. „Es gibt aber natürlich auch Gespräche, die über 2023 hinausgehen, mit der Staatsoper etwa für eine Produktion für 2026“, sagt die Geschäftsführerin. „Unseren Partnern werden wir signalisieren, dass an den Planungen festgehalten wird. Jeder, der neu kommt, wird froh sein, wenn er einen gewissen Grundstock der Planung vorfindet. Größere Produktionen brauchen einen solchen Vorlauf. Es ist aber noch genug Spielraum für eigene Visionen.“
Die Ausschreibung für die Festwochen-Intendanz ab der Ausgabe 2025 wäre noch bis heute, Freitag gelaufen. Sie wird nun annulliert und neu formuliert. Für die Wiener Festwochen ab 2024.