Kultur

Der Bühnenabschied eines klugen Giganten

Ausnahmezustand im Theater an der Wien. Noch ein Mal (Reprise am Dienstag!) stand José Carreras am Wochenende in einer szenischen, eigens für den legendären Jahrhundert-Tenor kreierten Produktion auf einer Opernbühne.

Zum letzten Mal, wie auch Intendant Roland Geyer in einer Ansprache betonte.

Denn mit der Oper "El Juez" ("Der Richter") von Christian Kolonovits (Musik) und Angelika Messner (Libretto) nahm Carreras seinen Abschied von den Brettern, die sprichwörtlich die Welt bedeuten. Mit einem Werk, mit einem Thema, das dem Katalanen sehr am Herzen liegt. Denn in "El Juez" geht es um die von Francos Schergen "gestohlenen Kinder" – so auch der Untertitel. Ein Teil Geschichte, der bis heute nicht ganz aufgearbeitet ist.

Nach Bilbao, Erl und St. Petersburg durfte Carreras auch an der Wien noch einmal das "verfluchte System" (eine sehr schöne Nummer!) besingen und seine Wandlung vom angepassten Richter hin zum aufgeklärten und sich letztlich auch seiner Vergangenheit stellenden Menschen nachvollziehen.

Kolonovits hat dafür eine eingängige, überaus gekonnt zwischen Musical und Oper changierende Musik (mit einigen Highlights) geschrieben. Die Inszenierung von Emilio Sagi im grauen Wände-Bühnenbild (Daniel Bianco) ist den Anforderungen einer klassischen Tournee-Produktion geschuldet.

Doch Carreras kann auch in diesem Ambiente mit darstellerischer Intensität punkten, hat nur in Carlos Colombara (als Bösewicht Morales) und der Kinder verkaufenden Äbtissin (Ana Ibarra) Gegner auf Augenhöhe. Tenor José Luis Sola als stimmlich gefährlich limitierter Liedermacher sowie die etwas sehr schrille Sabina Puértolas als Journalistin fügen sich ein.

Der gewohnt exzellente Arnold Schoenberg Chor und das ORF Radio-Symphonieorchester Wien unter der Leitung von David Giménez sorgten für einen würdigen Carreras-Abschied.