Kultur

"Danach wird es eher ungenießbar"

Nach "Am Beispiel der Butter" nun "Dosenfleisch": Die kulinarischen Titel des jungen Grazer Autors Ferdinand Schmalz, mit bürgerlichem Namen Matthias Schweiger, gehen ins Ohr. Das ist aber nur ein kleiner Aspekt seines enormen Erfolges. Schmalz’ humorig verpackte, in Wahrheit jedoch abgründige Minidramen wurden mehrfach ausgezeichnet und kommen auch in Deutschland gut an. Ist es das "typisch Österreichische" daran, die finstere Seele mit dem gar herzigen Antlitz, die ihn auch beim Nachbarn so erfolgreich macht?

"Dosenfleisch" eröffnete im Juni die Autorentheatertage im Deutschen Theater Berlin, am 19. September feiert das Stück in Wien im Kasino am Schwarzenbergplatz Premiere. Auch der preisgekrönte Vorgänger "Am Beispiel der Butter", der bereits im Burgtheater-Vestibül lief, war Gast bei den Autorentheatertagen. Und in Leipzig zeigt Schmalz im Herbst sein nächstes Stück mit einem, nun ja, ebenfalls kulinarischen Titel: "Der Herzerlfresser"– basierend auf der grausigen, gleichnamigen steirischen Geschichte.

Über sein "Lebensmittel-Triptychon" und darüber, wie sich der Erfolg anfühlt, sprach Schmalz mit dem KURIER bei einem Interview im Wiener Volksgarten. Kulinarische Ausstattung: Kaffee, Cola, Weißer Spritzer. Diesmal nicht dabei: die rote Mütze, die zum Markenzeichen des 30-Jährigen geworden ist. Schmalz trägt sie "nur in Monaten mit R".

KURIER: Herr Schmalz, wie war der Sommer in Deutschland?

Ferdinand Schmalz: Super, die Stücke sind gut angekommen. Aber es hat auch viel Glück mit gespielt. Ich habe ja mit der "Butter" den Retzhofer-Dramapreis gekriegt. Dass ich jetzt mit dem zweiten Stück zu den Autorentagen eingeladen wurde, ist toll gelaufen.

Wie gehen Sie mit dem Erfolg um?

Er macht viel Arbeit, aber noch viel anstrengender ist es, wenn man noch nicht bekannt ist, dann muss man pausenlos Stücke herumschicken.

Dem Marketing sicher nicht abträglich sind die einprägsamen Namen Ihrer Stücke, die nicht darauf schließen lassen, dass Sie Vegetarier sind.

Nein, bin ich nicht. Die Deftigkeit ist durchaus Programm.

Wie kommen Sie überhaupt zu Ihrem Künstlernamen? Sie heißen ja gar nicht Schmalz.

Das kommt von einer Karikatur, wo mich ein Bekannter als Walross dargestellt und "Schmalz" darunter geschrieben hat. Das hing lang in meiner Küche und wurde irgendwann zu meinem Spitznamen.

Also beruht der Name nicht auf einer persönlichen Leidenschaft für Schmalzbrote?

Nein, aber einen Zusammenhang mit fettigen Metaphern gibt es schon. Ich greife sprachlich gern tief hinein.

Deftige Namen kündigen das sprachliche Programm an?

Ja, bei den ersten drei Stücken sicher. Die sind mein Lebensmittel-Triptychon. "Am Beispiel der Butter", "Dosenfleisch" und der "Herzerlfresser", der im Herbst in Leipzig uraufgeführt wird, bilden einen kulinarischen Bogen. Danach wird es dann eher ungenießbar. Das Stück, an dem ich jetzt arbeite, ist für das Schauspielhaus Zürich: "Der thermale Widerstand", da geht es ins Kurbad.

Das Körperliche bleibt. Das ist typisch für Ihre Stücke: skurrile Namen, skurrile Begebenheiten, aber es geht ans Eingemachte. Mit satirischer Überhöhung werden reale Bedrohung, Enge der Existenz, Fragen um Leben und Tod verhandelt.

Ja, ich glaube, dass das sehr österreichisch ist. Dass die abgründigsten Dinge leicht daherkommen. Ich versuch’ mich da an einer Gratwanderung, und am schönsten ist es für mich, wenn einem das Lachen im Mund stecken bleibt.

Das Böse kommt stets in Verkleinerungsform ...

Ja, andererseits möchte ich die Figuren in ihrer ganzen existenziellen Not abbilden. Das versuche ich oft in Monologen zu zeigen.

Das Butter-Stück wirkt sprachlich österreichisch durchwachsen, "Dosenfleisch" macht einen internationaleren Eindruck. Das beginnt schon bei den Namen. Statt "Futterer-Adi" nun "Beate".

Ja, ich habe versucht, das Österreichische zurückzunehmen. Das Stück spielt an einer Raststätte, einem Durchzugsort, und nicht, wie im Butter-Stück, in einer Molkerei, die örtlich an den Alpenraum gebunden ist. Ich habe "Dosenfleisch" zu schreiben begonnen, als ich in den USA war. In Motels, das spürt man auch in der Sprache.

Wo wollen Sie beruflich hin?

Wir stehen großen Problemen gegenüber. Es braucht mehr Solidarität. Dafür müssen wir eine Sprache finden, und da möchte ich meine Stücke ansiedeln. Da hat das Theater einen Beitrag zu leisten.

Zur Person: Ferdinand Schmalz, *1985 in Graz, studierte u.a. Philosophie, war Komparse am Burgtheater, Regieassistent am Wiener Schauspielhaus. 2013 gewann er den Retzhofer Dramapreis, 2014 wurde sein Erstling „am beispiel der butter“ in Leipzig uraufgeführt. Die Fachzeitschrift „Theater heute“ wählte ihn zum Nachwuchsautor 2014.