Damien Hirst: Showdown der Kunst-Titanen
Von Michael Huber
Die Schau gehört gar nicht zum offiziellen Rahmenprogramm der Venedig-Biennale, und doch kommt niemand, der die Stadt heuer besucht, an Damien Hirst vorbei: Vor dem Palazzo Grassi am Canal Grande ist eine seiner absurd riesigen Skulpturen postiert, die den Kampf eines Pferds, einer Schlange und eines Menschen zeigt. An der Punta della Dogana grüßt eine blitzblaue Meerjungfrau. Die Ausstellungshäuser selbst – sie gehören beide dem Luxus-Magnaten François Pinault – quellen über vor Fabelwesen, angeblich antiken Waffen und Riesenfiguren.
Mittelfinger
Dank einer Handvoll potenter Sammler geht das Konzept auf: Wie Artnews berichtet, sind rund 70 Prozent der 189 Werke, die von Hirsts Kunstfabrik in einer Auflage von je drei Exemplaren gefertigt wurden, bereits verkauft. Der Wert des ganzen Bestandes soll eine Milliarde britischer Pfund betragen.
Die Skulpturen wurden allesamt in verschiedenen Größen und Versionen gefertigt: Einmal erscheinen sie wie von Korallen überwuchert, ein anderes Mal gereinigt, aber "antik", ein drittes Mal (als so genannte "Ausstellungskopie") wie frisch aus dem Ei gepellt. Dass sie wirklich antik sein könnten, ist freilich schon deshalb unglaubwürdig, weil sich zahlreiche Popkultur-Zitate in der Schau finden - eine angebliche Götterstatue ist nach der Sängerin der südafrikanischen Rap-Gruppe Die Antwoord, Yolandi Visser, modelliert, manche "Antiken" stellen Goofy und Micky Maus dar.
Was auffällt, ist neben der aalglatten Ausführung, bei der man mehr an 3 D-Scans als an Bildhauerei denkt, der Materialwert der Arbeiten: Vieles ist tatsächlich aus Marmor oder gar aus Gold, den Schaubuden-Effekt hätte man auch billiger bekommen können. Es geht hier also nicht um die Story, sondern um den Markt.
Michelangelo Maserati
Aufschlussreich ist die Antwort nur insofern, als sie die Individualismus-Ideologie betont, der Hirst und seine superreichen Fans anhängen: Sie können es sich leisten, sich von niemandem etwas vorschreiben zu lassen. Die Kunst klopft ihnen dabei noch auf die Schulter.