Kultur

Dada Masilos "Swan Lake" – überragend

Mit dem klassischen Ballett ist das so eine Sache. Meist geht es um ein eher ungleiches Paar, das ziemlich lange aneinander vorbeitanzt, ehe es entweder in Liebe oder im Tod vereint ist. Ein Schema, dem Tschaikowskys Klassiker "Schwanensee" folgt. Ein Muster, das Dada Masilo in ihrer "Schwanensee"-Adaption aber auf den Kopf stellt.

"Swan Lake" heißt diese gefeierte Arbeit der südafrikanischen Choreografin, die im Rahmen von ImPulsTanz (noch am 24. und 25. Juli im Volkstheater) endlich auch in Wien zu sehen ist.

Und Masilos "Swan Lake" fährt ein, richtig gut ein. Auf pausenlose, hoch konzentrierte 60 Minuten hat Masilo mit ihrer The Dance Factory "Schwanensee" eingekürzt – unnötiger Ballast ist weg, falsche Romantizismen auch.

Denn Masilo variiert die Geschichte. Prinz Siegfried soll die brave Odette heiraten, ist aber schwul und verliebt sich dummerweise in Odile, einen farbigen Mann. Da helfen keine wilden Paarungstänze, keine rasant-wütenden Proteste einer schicken Party-Gesellschaft: Die verpönte Liebe der beiden Männer gipfelt in einem intensiven Pas de deux; ein Happy End gibt es dennoch nicht. Zuletzt sind alle tot.

Wie Masilo (was für eine grandiose Odette!) und ihre furiosen Tänzerinnen und Tänzer aus Südafrika das umsetzen, ist atemberaubend. Schwarze Schwäne, barbusig, kahl geschorene Köpfe, Männer in Tutus und ein aufregendes Bewegungsvokabular, das zwischen Klassik, afrikanischen Rhythmen und Monty Python changiert.

Masilos "Swan Lake" ist ein unfassbar komisches, unendlich trauriges, hoch energetisches High-Speed-Pläydoyer für Toleranz, für den Mut zum Anderssein. Auch musikalisch setzt Masilo auf Power: Tschaikowsky, Steve Reich, Arvo Pärt, Saint-Saëns oder Rene Avenant – sogar dieser Stilmix geht sich aus.

Jubel und Ovationen für einen radikalen "Swan Lake", den man nie wieder vergisst. Hingehen!

KURIER-Wertung: