Kultur

"Ich hab' zu Beginn in den Gatsch gegriffen"

Christina Stürmer veröffentlicht nach längerer Pause am 19. April ihre neue CD "Ich hör auf mein Herz". Österreichs Pop-Aushängeschild im KURIER-Interview über den Crash-Kurs nach Starmania, das Erwachsenwerden und über das Ende des Deutschpop-Hypes.

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KURIER: Sie waren sehr präsent – und plötzlich weg. Warum?

Christina Stürmer: Das ist richtig. Es hat keinen speziellen Grund gehabt. Es war mir nicht zu viel, ich war auch nicht – wie ich gelesen habe – nahe an einem Nervenzusammenbruch (lacht). Wir wollten uns mit dem neuen Album Zeit lassen.

Ist Ihnen die Öffentlichkeit abgegangen?
Ja. Manchmal ist mir das auf den Wecker gegangen. Aber jetzt war es das erste Mal so, dass ich am Wiener Flughafen gestanden bin, wo Tausende Leute sind – und keiner spricht dich an. Was einerseits angenehm ist, aber andererseits – einer könnte zumindest fragen, „bist du das wirklich?“ (lacht)

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Das Gedächtnis des Pop-Publikums ist kurz, und auch der Deutschpop-Hype ist vorbei. Ist so eine Pause nicht ein Risiko?
Im September 2011 haben wir das letzte Konzert gespielt, in Oerlinghausen in Deutschland. Ich hab’ gewusst, jetzt gehe ich da von der Bühne runter, und dann ist einmal Ruhe. Ich bin nicht einmal die erste Stufe runtergestiegen, und mir sind schon die Tränen runtergekullert. Ich dachte: Was weiß man, vielleicht kommt das nächste Album nicht so an, dass man auf Tour gehen kann. Vielleicht ist das jetzt das letzte Mal. Das war ganz grausam.

Das neue Album dreht sich um Aufbruchsstimmung – fast wie bei einem Debütalbum.
Die Stimmung im Studio war: Es geht wieder los! Es waren so viele Songs da, die sich ums Thema „rausgehen“, „aufs Herz hören“ drehten, das hat sich wie ein roter Faden durchgezogen.

Video der Single "Millionen Lichter"

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Laut Pressetext sind Sie „erwachsen geworden“.
(lacht) Man wird älter. Aber es ist nicht alles anders. Ich habe eine gewisse Gelassenheit erlernt. Und reflektiert. In den letzten zehn Jahren ist alles so schnell gegangen. Ich musste lernen, nicht jedem alles zu erzählen, gerade was Beziehungen anbelangt. Da hab’ ich zu Beginn in den Gatsch gegriffen und alles ausposaunt. Dadurch war die Trennung umso härter. Und durch Deutschland ist alles zehn Mal so groß geworden. Ich hab in dem Moment gar nicht realisiert, wie viele Leute sich eigentlich wünschen, einen Amadeus- oder einen Echo-Preis mit nach Hause zu nehmen. Man hat viel erlebt, es war super. Aber man hatte die Zeit nicht, wo man sich hinsetzt und denkt: Ich bin selber stolz auf mich.

Wie sehen Sie der Albumveröffentlichung entgegen?
Die Single kommt gut an, aber kaufen das die Leute dann, kommen die dann zum Konzert oder nicht? Da ist noch eine Herumzitterei. Auf Facebook kriegt man zum Glück viel mit.

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Das kann aber auch hart sein.
Ich habe gelernt, damit umzugehen. Darin habe ich nach Starmania einen Crash-Kurs gehabt. Es ist ja alles Mögliche online geschrieben worden. Ich dachte oft: Was muss das für ein Mensch sein? Ich hätte die Zeit nicht, im Internet jemanden dermaßen niederzumachen. Klar gibt es auch jetzt Menschen, die sagen: ,Millionen Lichter‘ (die aktuelle Single, Anm.) klingt wie Schlager. Aber selbst mit dem Begriff Schlager habe ich gelernt umzugehen.

Viele von Ihren ersten Fans waren sehr jung, erreichen Sie die jetzt noch?
Bei der ersten Tour nach Starmania war sehr viel junges Publikum. Das hat sich zwei, drei Jahre nach Starmania schlagartig geändert. Jetzt ist kaum einer unter 20. Ich kenne das von mir selber: Mit 16 hört man ganz andere Musik als mit 13. Da ist man Vollgas in der Pubertät, da ist Christina Stürmer dann peinlich. Wenn die jetzt wiederkommen, hab’ ich etwas sehr richtig gemacht.

INFO: Christina Stürmer spielt live bei der „Amadeus“-Gala (1. Mai, auch auf PULS4) und am 2. Mai in der Wiener Arena