Kultur

CD der Woche "ist keine Sonnenschein-Musik"

Salzburg, Wien, Salzburg und bald wieder Wien. Egal, wo Markus Hinterhäuser künstlerisch etwas zu sagen hatte , die zeitgenössische Musik nahm in all seinen Planungen immer eine zentrale Stelle ein. Man denke nur an das fabelhafte "Zeitfluss-Festival" der Salzburger Festspiele, an die nicht minder geniale "Zeit-Zone" bei den Wiener Festwochen oder an Hinterhäusers Wirken als Salzburger Konzertchef und Kurzzeit-Intendant der Festspiele. Hinterhäuser hat überall Maßstäbe gesetzt und wird wohl auch den Wiener Festwochen (ab 2014) seinen Stempel aufdrücken.

Urgewalt

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Doch Markus Hinterhäuser ist nicht nur administrativ ein ausgezeichneter Anwalt der Moderne, er ist auch als Pianist ein grandioser Interpret der Musik der Gegenwart. Und Hinterhäuser liebt das Werk der russischen Komponistin Galina Ustvolskaja (1919–2006), das er immer wieder gespielt hat und spielt. Jahre war seine Einspielung der sechs Klaviersonaten vergriffen; das Label Col legno hat nun die legendäre Aufnahme aus dem Jahr 1998 wieder aufgelegt. Eine exemplarische, vor Urgewalt strotzende, tief die Seele berührende Interpretation der sechs Sonaten.

"Wenn man diese Musik spielt oder auch nur hört, ist nichts mehr so, wie es vorher war", sagt Hinterhäuser, der das Oeuvre der Schostakowitsch-Schülerin "von Anfang an geliebt" hat. "Diese Sonaten sind ein Monolith der Musikgeschichte, es gibt kaum Vergleichbares." Und: "Das ist keine Sonnenschein-Musik, sondern das geht unter die Haut." Kein Wunder, dass Hinterhäuser die Sonaten von ein Uhr nachts bis fünf Uhr morgens aufgenommen hat, denn "ich wollte völlige Ruhe haben".

Einmal hat Hinterhäuser die Komponistin persönlich getroffen. "Ustvolskaja hat ja sehr zurückgezogen gelebt. Bei unserer Begegnung in einem Hotelzimmer waren die Vorhänge zugezogen, und die damals schon ältere Dame saß in einem Sessel. Sie hat eigentlich nur ,Ja‘ und ,Danke‘ gesagt. Dennoch war es ein besonderes Erlebnis."

Einen Brief bekam Hinterhäuser auch von ihr. "Darin hat sie geschrieben, dass meine Interpretation ihrer Sonaten die für sie gültige sei. Das sollte man zwar nie sagen, aber gefreut hat es mich trotzdem." Den Brief hat Hinterhäuser bei jedem Auftritt mit Ustvolskaja-Stücken immer im Sakko getragen. "Der ist daher leider schon ziemlich zerfleddert."

Und wird Hinterhäuser als Festwochen-Chef auch Ustvolskaja spielen? "Ich besetze mich nie selbst. Aber jeder weiß, dass für mich zeitgenössische Musik größte Bedeutung hat. Das wird man bei vielen Projekten auch in Wien ganz sicher sehen."

KURIER-Wertung: ***** von *****