Kultur

Burgtheater: 19 Millionen Bilanzverlust

Drohende Steuernachzahlungen und falsch bilanzierte Produktionskosten, beides in Millionenhöhe; Vorwürfe der Urkunden-, Beweismittel- und Bilanzfälschung: Das Burgtheater brenne nach der Finanzaffäre und der Entlassung von Direktor und Vizedirektorin „hell lodernd“, hatte Aufsichtsratsvorsitzender Christian Strasser gesagt.

Wie hell die Flammen wirklich lodern, ist seit Freitag klar: Die Burg veröffentlichte die lange überfällige Bilanz der Problemsaison 2012/’13. Und das Bilanzminus ist weit größer, als bisher kommuniziert: Es beträgt mehr als 19,6 Millionen Euro.

Risiko

Dies summiert sich aus 8,6 Millionen Verlust und 11 Millionen an „Risikovorsorge“.
Vorgesorgt werden muss in vielerlei Hinsicht: Gegen Kosten aus den Rechtsstreits mit Ex-Direktor Matthias Hartmann und Ex-Vizedirektorin Silvia Stantejsky. Gegen Steuernachzahlungen: Für eine Abgabenprüfung durch das Finanzamt, die seit 1. April läuft, hat die Burg fünf Millionen beiseitegelegt.

Der Großteil der genannten 8,6 Millionen Euro Verlust hingegen hat nicht ursächlich mit den Vorwürfen gegen die Ex-Direktoren zu tun: Sieben Millionen Euro Verlust ergeben sich aus einer geänderten Bilanzierungsmethode. Die Burg hatte früher Produktionen zu lang auf der Habenseite der Bilanz stehen, das wurde als unzulässig erkannt. Die Vorgehensweise war jedoch mit der Holding akkordiert gewesen.

Einschnitte

Das Burgtheater muss nun grobe Einschnitte setzen. 100 Maßnahmen sind von den Wirtschaftsprüfern, die die Bilanz ebenso wie der Aufsichtsrat abgesegnet haben, vorgeschrieben. Ein „hartes, um nicht zu sagen: brutales Stück Papier“, wie Direktorin Karin Bergmann sagt.
„Schmerzhaft“ gespart werden muss bei so ziemlich allem, was Theater ausmacht: Bei Ensemble-Gagen, bei Nachbesetzungen, bei der Anzahl der Premieren, bei den Kosten für Regisseure und Ausstatter, bei Sachkosten (bis hin zur Gestaltung der Saisonbroschüre).

Vier Millionen Euro müssen für 2014/’15 eingespart oder verdient werden, darunter allein je 1,4 Millionen bei Personal- und Sachkosten. Bergmann ist mit Ensemblemitgliedern über Gagenreduktionen im Gespräch. Es soll aber keine zusätzlichen Vertragsauflösungen geben. „Wir möchten keine Mitarbeiter entlassen“, die Einsparungen sollen u. a. durch Nicht-Nachbesetzungen ermöglicht werden. 600.000 Euro soll eine neue Kartenpreisstruktur bringen, die im Besonderen die teureren Tickets betrifft und die billigeren teils preislich unverändert lässt. Das teuerste reguläre Ticket kostet 57 statt 51 Euro.

Die Probebühne wurde innerhalb der Holding an das Schwesternunternehmen Art for Art verkauft. Das brachte der Burgbilanz 7,5 Millionen. Künftig fallen aber 400.000 Euro Mietkosten pro Jahr für die Probebühne an.

Die Holding hat auch eine Garantie für die Burg über 10 Millionen Euro abgeben müssen, damit die Bilanz durchgeht.

Nicht relativieren

Die Bilanzzahlen seien „nicht beruhigend“, sagte Geschäftsführer Thomas Königstorfer. „Ich will das auch gar nicht relativieren.“ „Eine Insolvenzgefahr jedoch „würde ich nicht gesehen haben wollen“.
„Das Burgtheater ist durch viele Krisen gegangen“, sagt Bergmann. „Und das Burgtheater lebt. Das wird es auch weiterhin tun.“

Sie wolle weiter gegen eine Schließung des Kasino kämpfen. Und sie überlegt, ob sie sich für die Leitung der Burg ab 2016 bewerben soll – um nicht „nur aufzuräumen“, sondern „vielleicht auch zu ernten“.