Kultur

In Wahrheit sind wir alle Antihelden

Man wäre ja gerne ein bisschen jünger. Oder schlanker. Hätte längere Beine oder zumindest einen Hauch von Elfenhaftigkeit. Außerdem wäre man am liebsten überall dort, wo man gerade nicht ist. Südpol, Wilder Westen oder ganz woanders: So wie "meine wilde Tante Anne" – "die "möchte mal in die Savanne".

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Es sind tierische und menschliche Unzulänglichkeiten und Sehnsüchte, die die 1967 in Berlin geborene Grafikerin Nadia Budde in ihren Zeichnungen beschreibt. Die außergewöhnlichen Seiten der großstädtischen Tierwelt hat sie 2011 in der Rubrik "Unterm Strich" in der derBerliner Zeitungveröffentlicht. Es waren allerdings nicht die possierlichen Häschen und Kätzchen, die sie interessierten. Sondern die Außenseiter: Silberfische, Schaben, Läuse. Budde hat ein Faible für die Underdogs.

Was an Erwachsene gerichtet war, fanden auch Kinder toll. Nun hat die mehrfach mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnete Autorin ihre Borsten-Trilogie "Und außerdem sind Borsten schön", "Und irgendwo gibt es den Zoo" und "Auf keinen Fall will ich ins All" im Wuppertaler Peter Hammer Verlag veröffentlicht (je 32 Seiten, 15,40 Euro).

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Offiziell sind die versponnenen Sehnsuchts-Geschichten mit den komischen Borstentieren rund um Onkel Parzival und Tante Anne-Lene Kinderbücher. Man kann die meist in Alliterationen gehaltenen Sprüche und Zeichnungen gerne kindisch finden. In Wahrheit aber haben Kurzgedichte wie "Meine beiden großen Schwestern ... wünschen sich zurück ins Gestern" in ihrer grotesken Melancholie keine Altersgrenze. Die runzelige Schildkröte namens "Opa Archibald"... "wäre gern nur halb so alt" – wer kann das nicht nachfühlen.
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Schon als Kinder lernen wir, wie ungenügend wir sind. Und leider hört das ein ganzes Leben nicht auf: Statt mittelmäßig in Erdberg wäre man so gerne außerordentlich in St Tropez. Glücklicherweise sind wir mit eitlen Träumen nicht allein: Auch "Unser Nachbar Thilo Schramm hat zu viele Kilogramm" ... Nadia Buddes ganze schräge Verwandtschaft samt illustrer Bekanntschaft besteht aus weltvergessenen Träumern. Und da ist es gut, dass Onkel Parzival am Ende findet... "eins ist wichtig, so wie du bist, so bist du richtig."