Berlinale-Sieger: Der Goldene Bär geht nach Israel
Von Alexandra Seibel
Noch bevor einer der Preise zum Abschluss der Berlinale verliehen wurde, gab es bereits standing ovations – zu Ehren des verstorbenen Schauspielers Bruno Ganz, dessen Gesicht aus dem Film „Himmel über Berlin“ von der Leinwand lächelte.
Überhaupt stand die Abschlussgala der 69. Berlinale im Zeichen des Abschieds. Nach 18 Jahren Amtszeit führte der langjährige Berlinale-Direktor Dieter Kosslick zum letzten Mal seine Gäste über den roten Teppich vor dem Berlinale-Palast. An seinem Arm schritt die französische Star-Schauspielerin Juliette Binoche, die als Präsidentin der internationalen Preis-Jury den Gewinner des Goldenen Bären verlas: Der Hauptpreis ging an den israelischen Regisseur Nadav Lapid und seinen explosiven Film „Synonymes“. Darin erzählt Nadav von einem jungen Israeli, der die Heimat satt hat und in Paris – nackt und mittellos – einen Neustart versucht. Zudem weigert er sich beharrlich, Hebräisch zu sprechen.
„Synonymes“ zum besten Film der Berlinale zu wählen, ist insofern eine ausgezeichnete Entscheidung, als Lapid nicht nur das üblich gepflegte Erzählkino liefert, sondern mit wilder Handkamera, unerwarteten Musikeinlagen und überraschenden Wendungen sein Kino in eigenwilligen Bildern denkt.
Ebenso erfreulich: Die Auszeichnung von Angela Schanelecs formschönen Film „Ich war zuhause, aber“ mit dem Silbernen Bären für beste Regie. Auch die deutsche Regisseurin Schanelec gehört, ähnlich wie Lapid, zu jenen Filmemachern, die ihre Bilder nicht nur dem Wort unterwerfen, sondern mit ihnen ihre eigene Wirklichkeit erschaffen. In „Ich war zuhause, aber“ folgt Schanelec der umwerfenden Schauspielerin Maren Eggert, die als verwitwete Mutter zweier Kinder ihrer Trauer in überraschenden Weisen zum Ausdruck bringt.
Brisant
Vergleichsweise konventionell kommt da schon François Ozons Drama „Gelobt sei Gott“ daher, das mit zunehmender Eindringlichkeit von jenen Männern erzählt, die einen Priester der katholischen Kirche wegen Missbrauchs anklagen. In Frankreich beschäftigt diese Problematik gerade die Gerichte.
Für ihr frenetisches Regiedebüt „Systemsprenger“ – die Geschichte einer rabiaten Neunjährigen, die sich nicht erziehen lässt – wurde die junge deutsche Regisseurin Nora Fingscheidt mit dem Alfred-Bauer-Preis ausgezeichnet. Und die beiden chinesischen Schauspieler Yong Mei und Wang Jingchun bekamen den Silbernen Bären als beste Darsteller: Ihr berührendes Spiel als unglückliches Ehepaar, das in dem chinesischen Film „So Long, My Son“ von Wang Xiaoshuai den einzigen Sohn verliert, rührte das Publikum zutiefst. Gerührt war auch Dieter Kosslick. Auch er erhielt am Ende seiner Karriere einen Bären – einen riesigen Plüschbären.