Berlinale: Angelina Jolies Regiedebüt
Ist es vermessen, wenn man behauptet, das hätte man Angelina Jolie nie zugetraut? Möglicherweise. Und man muss gleich um Nachsicht für dieses Vorurteil ersuchen. Aber die amerikanische Schauspielerin ist ja zuletzt eher mit Selbstinszenierungen, Societyauftritten aufgefallen. Und auch dadurch, dass sie mit ihrem Mann Brad Pitt und ihren Kindern vor einem selbst gekauften Panzer posierte.
Mit "In The Land Of Blood And Honey" begibt sie sich nun wieder ins höchst seriöse Fach – noch dazu erstmals als Drehbuchautorin und Regisseurin. Wenn man ihre Biografie näher betrachtet, verwundert es jedoch schon weniger, dass sie für dieses Debüt eine Kriegsgeschichte wählte: Sie ist als UNO-Sonderbotschafterin immer wieder in Konfliktregionen unterwegs und spendet viel Geld für Opfer.
Bürgerkrieg
"In The Land Of Blood And Honey" behandelt das Grauen des Bürgerkriegs im ehemaligen Jugoslawien. Danijel (Goran Kostič) und Ajla (Zana Marjanović) flirten miteinander – durch ein Bombenattentat wird die sich anbahnende Affäre jäh unterbrochen. Die beiden finden einander aber unter schlimmen Voraussetzungen wieder: Er als serbischer Soldat, sie als aufgrund ihres muslimischen Glaubens verfolgte Bosnierin. Er versucht sie vor
Vergewaltigungen zu schützen – unter großem Risiko: Sein Vater ist General. Sie weiß nicht recht, wie sie mit der Sonderstellung umgehen soll und fühlt sich ihrer Volksgruppe nach wie vor verbunden. Der Film ist eine Abrechnung mit den alles zerstörenden Kriegsmechanismen, voller brutaler Details, die an Kriegsverbrechen in Srebrenica oder in Sarajewo denken lassen, nur in wenigen Bildern klischeehaft, ganz und gar unamerikanisch, weil es um Banalitäten wie ein Happy End trotz Liebesgeschichte nicht geht.
Jolie war zuletzt mit Plagiatsvorwürfen konfrontiert. Diesen exzellenten Film in bosnischer Sprache machen diese jedoch nicht kleiner. Er wäre ein logischer Gewinner des goldenen Bären, läuft aber nur in einer "Special"-Reihe.
Erfolg für den ersten österreichischen Beitrag in Berlin
Der Eröffnungsfilm des Wettbewerbes, "Les Adieux à la Reine", fiel beim Publikum durch. Der Eröffnungsfilm der renommierten Nebenreihe Panaroma, "Kuma" von Umut Dag, wurde hingegen mit großem Applaus bedacht. Dag, 1982 in Wien geboren, thematisiert in seinem ersten Kino-Spielfilm Generationskonflikte innerhalb der türkischen Gemeinde in Wien. Die Älteren versuchen die Traditionen aufrechtzuerhalten, die Jüngeren lehnen sich dagegen auf.
"Kuma" heißt übersetzt Zweitfrau und bezeichnet eine immer noch gelebte Praxis in manchen Regionen der Türkei. Eine krebskranke Frau holt ein junges Mädchen als ihre eigene Nachfolgerin für das Bett ihres Mannes nach Wien. Damit alles rechtens ist, muss diese aber den Sohn der Wiener Familie heiraten. Als plötzlich der Vater stirbt, nicht die kranke Mutter, entwickelt sich eine packende Geschichte, bei der die Konservierer im Abseits stehen. Gesprochen wird großteils türkisch, Begüm Akkaya ist die intensive Ayse, Nihal Koldas die Mutter.
Wenn man dem Film einen Vorwurf machen kann, dann höchstens den, dass er allzu viele Themen in eine Handlung packt. Produzent Veit Heiduschka hat schon einen Weltvertrieb für "Kuma" gefunden. Kinostart in Österreich Ende April.
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