Babylon Berlin: Ein heißer Ritt durch die 20er-Jahre
Von Marco Weise
Champagner-Orgien treffen auf extreme Armut, Emanzipation auf Extremismus und die aufblühende Gesellschaft wird vom aufkommenden Nationalsozialismus im braunen Sumpf erstickt. Genau zwischen diesen gegensätzlichen Welten pendelt die Serie „Babylon Berlin“, die am Sonntag um 20.15 Uhr auf ORFeins und ARD mit den ersten drei Folgen startet.
Die zwischen historischem Drama und blutigem Krimi, zwischen Burlesque-Show und Beamtenalltag oszillierende Geschichte ist ein Projekt der Superlative: „ Babylon Berlin“ gilt als die teuerste deutschsprachige TV-Serie, waren doch die ersten beiden Staffeln mit einem Budget von satten 40 Millionen Euro ausgestattet.
Sittengemälde
Ein enormer Aufwand, der sich ausgezahlt hat. Denn die Serie, von der es auch eine dritte Staffel geben wird, ist ein fantastisches Sittengemälde des Berlin der späten Zwanzigerjahre, das es in puncto Glamour, Intensität, Spannung, Ausstattung und Storytelling mit US-amerikanischen Vorbildern aufnehmen kann. Da verwundert es nicht, dass die von Sky und der ARD koproduzierte Serie mit Preisen überhäuft wurde: ROMY, Bayerischer Fernsehpreis, Grimme-Preis, Goldene Kamera, Deutscher Fernsehpreis usw.
Die Geschichte rund um Kommissar Gereon Rath (grandios: Volker Bruch) basiert auf dem Bestseller-Kriminalroman „Der nasse Fisch“ des deutschen Autors und Journalisten Volker Kutscher. Rath, ein junger Kölner Kommissar, der vom 1. Weltkrieg schwer gezeichnet ist (Kriegszitterer) wird nach Berlin versetzt, um den Kriminalfall eines von der Berliner Mafia geführten Pornorings zu lösen. Was auf den ersten Blick nach einer klassische Amtshandlung aussieht, entpuppt sich bald als Fall mit politischer Sprengkraft.
Zusammen mit der umtriebigen wie resoluten Stenotypistin Charlotte Ritter (reizend: Liv Lisa Fries) und Raths – undurchschaubaren – Partner Bruno Wolter (tiefgründig: Peter Kurth) sieht sich der Kommissar einem Dschungel aus Korruption, Drogen- und Waffenhandel gegenüber.
„Es war eine Zeit, in der das durchgetaktete deutsche Leben einem total chaotischen, kosmopolitischen Leben gegenüberstand. Es traf dabei ein enormes kreatives Potenzial vieler Künstler auf extremes Prekariat, Elend, Krankheit, Prostitution und die beginnende, aufkeimende Emanzipation der Frau. All diese unterschiedlichen Aspekte werden in der Serie beleuchtet. Der Großteil des Publikums wird sich zwar eher für das Flair und die Krimigeschichte interessieren, aber die Geschichte hat mehr zu bieten“, schwärmt Karl Markovics, der einen Wiener Journalisten spielt, der als Korrespondent in Berlin arbeitet. Die von Regisseur Tom Tykwer („Das Parfum“) umgesetzte Serie ist ein fesselnder Ritt durch das „goldene“, zerrissene, moderne wie turbulente Berlin der 20er-Jahre. Ein intensiver TV-Moment, auf den man sich einlassen sollte – und der auch fortgesetzt wird: „Anfang November beginnen die Dreharbeiten“, sagt Markovics.
"Babylon Berlin" im Fernsehen
ORFeins: So., 30. 9., ab 20.15 Uhr (Folge 1–3); Do, 4. 10., ab 22.20 (Folge 4–6); Do, 11. 10., ab 22.15 (Folge 7–8); Do, 18. 10., ab 22.15 (Folge 9–10); Do, 25. 10. , ab 22 (Folge 11–12); Do, 1. 11., ab 22.35 (Folge 13–14); Do, 8.11., ab 22.15 (Folge 15–16).
ARD: So, 30. 9., ab 20.15 (Folge 1–3) Do, 4. 10., ab 20.15 (Folge 4–6)
ab 11. 10.: Doppelfolgen immer donnerstags ab 20.15 Uhr.
Beide Sender zeigen die Folgen auch im Livestream und nach der TV-Ausstrahlung sieben Tage als Video-on-Demand in der ORF-TVthek bzw. ARD-Mediathek.