B-Girl Sina: Frauen sind "geschmeidiger"
Von Marco Weise
Am Samstag werden sich im Wiener Volkstheater die besten B-Boys und B-Girls (die Szenebegriffe für jemanden, der Breakdance tanzt) aus Österreich bei einer weiteren Ausgabe des „ Red Bull BC One Cypher Austria“ gegenüberstehen. Vielleicht dabei: Sina, eine 23-jährige Innsbruckerin, die sich am Freitag fürs Finale qualifizieren kann. Die Chancen stehen gut, denn die Tirolerin mit marokkanischen Wurzeln gilt als einer der besten Tänzerinnen des Landes und kehrt nach einer Verletzungspause wieder in den „Ring“ zurück. „Ich freue mich darauf, endlich wieder zu battlen“, sagt Sina.
KURIER: Was macht Breakdance für Sie aus?
Sina: Ich liebe die Vielseitigkeit. Ich kann meiner Kreativität freien Lauf lassen und meine überschüssige Energie mit anderen teilen. Mir geht es dabei nicht ums Battlen und Gewinnen. Viel wichtiger ist mir die tolle Zeit mit meiner Crew, die Musik, das Jammen, die Community und das Reisen. All das macht Breaking so einzigartig.
Wie schwer hat man es als Frau in diesem Bereich?
Man braucht schon sehr viel Mut und Selbstbewusstsein, wenn man als Frau in einer von Männern dominierten Szene mitmischen möchte. Breakdance ist nicht nur körperlich eine Herausforderung für Frauen, sondern auch eine persönliche. Jemand mit wenig Selbstbewusstsein geht in der Breakdance-Szene schnell unter.
Wird man als Frau belächelt?
Es kommt vor, dass man für ganz einfache Figuren und Tanzschritte gelobt wird. Würde das ein B-Boy machen, wäre es normal. Aber macht es ein B-Girl, wird applaudiert. Das ist zwar nett, aber nicht förderlich. Denn es fördert Mädchen und Frauen nicht, härter zu trainieren und über ihre Grenzen hinauszugehen. Somit geben sie sich schneller zufrieden und verbessern sich nicht wirklich. Ich bin sehr dankbar, dass ich einen Trainer hatte, der Mädchen nicht anders behandelte als Jungs. Ich musste dieselben Basics lernen und gleichviel Push-ups schaffen wie die Jungs um mich herum.
Sollte es reine Frauen-Bewerbe geben?
Ich bin eigentlich gegen reine Frauen-Bewerbe und spezielle Kurse für Mädchen. Breaking ist kein Sport. Es ist zwar körperlich sehr fordernd, jedoch ist und bleibt Breakdance eine Kunstform. Würden man es als Sportart sehen, müsste man womöglich neben der Geschlechtertrennung noch eigene Gewichtsklassen einführen. Wir haben alle unterschiedliche Körper und somit verschiedene Stärken und Schwächen. Genau das macht uns so einzigartig. Es gibt neben den akrobatischen Elementen noch so viele andere Kriterien wie zum Beispiel Musikalität, Kreativität, Ausführung, die über Sieg oder Niederlage entscheiden. Also gibt es keinen Grund, B-Girls von B-Boys zu trennen.
Wie würden Sie die heimische B-Girl-Szene beschreiben?
Unsere B-Girl-Szene ist klein, aber fein. Wir kennen uns untereinander und verstehen uns gut. Oft treffen wir uns auf Events und trainieren zusammen, um uns gegenseitig zu pushen. Ich wünsche mir dennoch mehr Mädchen in der österreichischen Breaking-Szene.
Was haben die B-Girls den B-Boys voraus?
Das ist schwer zu sagen, da wir alle sehr unterschiedlich sind. Prinzipiell haben Frauen ein besseres Gespür für Musik und sind „smoother“. Gewisse Bewegungen schauen an uns einfach ästhetischer aus als bei Männern. Jungs sind zwar sehr leistungsstark, jedoch oft sehr steif in der Hüfte ( lacht ). Mädchen hingegen sind meist geschmeidiger beim Tanzen. Oder wie es der legendäre Breakdancer Mr. Wiggles mal auf den Punkt brachte: „Boys got the moves, but girls got the groove“.
Wie würden Sie sich als B-Girl beschreiben?
Ich würde mich eher kreativ und tänzerisch als akrobatisch sehen. Die Musik spielt für mich eine große Rolle, die Moves kommen an zweiter Stelle. Ich bin eine Perfektionistin und feile gerne bis ins kleinste Detail an meinen Combos und Moves herum. Powermoves waren mir nie wirklich wichtig, jedoch nehmen sie trotzdem einen großen Teil meines Trainings ein.
Sie haben auch eine eigene Modekollektion. Was steht hinter der Marke „From The Soul“?Neben dem Tanzen hatte ich schon immer eine große Leidenschaft für Kleidung und Raritäten. Die Mode der Hip-Hop-Kultur hat mich schon immer inspiriert. „From The Soul“ kam letzten Sommer zustande. Ich wollte eine Marke kreieren, die modische und stilvolle Kleidung bietet, jedoch gleichzeitig Nachhaltigkeit garantiert. Ich wollte mit meiner Kleidung der schnelllebigen Fashion Industry etwas entgegenwirken und habe fair produzierte T-Shirts mit meinen Logos bedruckt. Gleichzeitig habe ich mir gedacht, dass es nichts Nachhaltigeres gibt, als Kleidung zu tragen, die schon da ist. Deshalb biete ich auch Vintagemode an: Jedes einzelne Stück wird dabei von mir gesucht, gewaschen und neu aufbereitet. Alles zum Label findet man unter: www.fromthesoul.at
Sie sind mit The Wolfer, einem der besten österreichischen B-Boys verheiratet. Motiviert man sich da gegenseitig?
Klar. Wir tauschen uns im Training aus und pushen uns gegenseitig. So können wir nicht nur privat, sondern auch in unserer Leidenschaft gemeinsam wachsen.
Drei Tage Programm:
Der „Red Bull BC One Cypher Austria“ findet am Samstag im Volkstheater statt. Das Finale wird auch live via Stream übertragen.
Der Gewinner ist quasi Staatsmeister und wird Österreich beim World Final in Zürich vertreten. Der Event, der zum 7. Mal in Wien ausgetragen wird, verwandelt sich heuer zum dreitägigen Camp (12. bis 14. April). Für die Workshops musste man sich anmelden, aber bei der Qualifikation (Freitag, ab 18 Uhr) fürs Finale kann man ohne Karte zuschauen. Infos zum Programm.