Kultur

Armin Wolf als Schutzschild für Wrabetz

Ist Armin Wolfs Interviewstil dafür mitverantwortlich, dass die Regierungsparteien an Bedeutung verlieren? Oder ist seine Person gleichzusetzen mit der Unabhängigkeit des freien Journalismus in diesem Land?

Zwischen den Antworten läuft ein weltanschaulicher Graben, der sich im Wahlkampf wie üblich vertiefen wird. Für den Politbetrieb ORF gibt es noch eine dritte Variante: Warum nicht Wolf als Hitzeschild für den Wahlkampf und dessen Folgen verwenden? Generaldirektor Alexander Wrabetz plante wohl genau das, als er am Freitag spontan die umstritttene Strukturreform stoppte, die Wolf entmachten sollte.

Verkünden durften diese Neuigkeit passenderweise die Redakteursvertreter – ein klarer Machtbeweis gegenüber lästigen Kritikern: "Ausdrücklich begrüßen wir allerdings die heutige Ankündigung des Generaldirektors, die Strukturreform im redaktionellen Bereich der TV-Information zu verschieben", hieß es wie beiläufig.

Unabhängigkeit

Wrabetz wird in den kommenden Monaten alle Angriffe auf den ORF mit dem bewährten Argument, man müsse den "unabhängigen Journalismus schützen", abprallen lassen. Wer den ORF-Chef – wie nach Wahlen üblich – abmontieren will, setzt sich damit automatisch dem Vorwurf aus, er wolle den "unabhängigen ORF" unterjochen. Außerdem stehen dann neue Wünsche einer neuen Koalition an. Ist Wolf dann auch auf deren Abschussliste, ist er nach der jüngsten Volte entweder so fest einzementiert, dass er nicht mehr antastbar ist. Oder er wird den neuen politischen Playern auf dem Opferteller serviert.

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Ein riskantes Spiel. Wolf hat spätestens seit Reinhold Mitterlehners emotionaler Abschiedsrede auch den Nimbus desORF-Bluthundes, der Menschen vernichtet, bevor er sie einen Punkt machen lasst. So ätzte die SatireplattformDie Tagespresse: "Nach Mitterlehner-Kritik: Wolf darf vorerst noch kein Waterboarding bei Interviews einsetzen".

Die ÖVP hat ihre Wordings bereits auf diese Bruchstelle abgestellt. Wolf soll desavouiert werden, auch weil er für eine eingeschworene Gruppe stehe, ist immer wieder zu hören. Hier kommt zwar die Weltanschauung ins Spiel, aber dass Wolf-Intimus Fritz Dittlbacher in seiner Funktion als Chefredakteur ein Wunsch der SPÖ war (Infodirektor Elmar Oberhauser weigerte sich dagegen so energisch, dass man ihn abwählte), wird nun ebenso wieder aufgekocht wie die Frage, wer hier denn wen kontrolliere: Der Chefredakteur seinen Anchormann und Stellvertreter Wolf? Und die Redakteursvertreter? Der Redakteursratsvorsitzende Dieter Bornemann gehört ebenso zum intimen Kreis.

Die PR-Schlacht wird hart für den ORF. Dass sich Wrabetz persönlich dafür verwendet haben soll, dass SPÖ-Chef Christian Kern am Sonntag eine ursprünglich nicht vorgesehene "Pressestunde" bekommt, sickerte bereits durch. Ebenso wie der süffisante Verweis darauf, dass der Redakteursrat das nicht thematisierte, als er am Freitag politische Einmischungen anprangerte.