Kultur

Eine Burka ist das perfekte Bühnen-Outfit

Frauen sind nicht lustig. Muslimische Frauen schon gar nicht. Damit das einmal geklärt ist.

Geht’s noch tiefer in der Vorurteils-Kiste?

Aber ja: Anthony McCarten treibt das scheinbar Denk-Unmögliche auf die Spitze, in dem er eine Frau in Burka auf die Bühne stellt, die mit lockerem Mundwerk und stellenweise recht derb über das Frau-Sein in einer islamischen Familie plaudert. Und darüber, dass unter jeder Burka eine islamisch-fundamentalistische Terroristin steckt.

"Funny Girl", der sechste Roman des neuseeländischen Schriftstellers, erzählt von der 20-jährigen Kurdin Azime aus dem Londoner Armen-Viertel Green Lake, die Stand-up-Comedian werden will. Gegen den Willen ihrer Eltern, ihrer Community und vor allem ihrer Konkurrenten – denn sie wird, so viel sei verraten, ziemliches Aufsehen erregen.

McCarten lässt sich in seiner Erzählung von einer wahren Geschichte inspirieren: Jener der 19-jährigen Zainab Shafia, die 2009 in Kanada von ihrem Vater ermordet wurde. Ein "Ehrenmord".

Zuflucht

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In McCartens Roman ist es Banu, ein Mädchen aus der kurdischen Gemeinde Londons, das unter ungeklärten Umständen vom Balkon der Familienwohnung in den Tod gestürzt ist. Was man von ihr weiß: Sie hatte sich zuvor verliebt – in einen nicht-muslimischen Burschen – und mehrere Male Zuflucht in einem Frauenhaus gesucht.

Azime, ihre Freundin, ist überzeugt, dass Banu vom eigenen Vater umgebracht wurde und möchte ihren Tod aufklären. Sowohl ihre Ermittlungen als auch Azimes Comedy-Auftritte sind ein Ausbrechen aus ihrem engen kulturellen Umfeld.

Auf der Bühne macht sie die verschiedenen Welten, in denen sie lebt, zum Thema. Zwischen bauchfrei und Burka. Azime ist weder das eine noch das andere, ihre Familie ist moderat konservativ, der Schleier eine Option. Doch dass das schlaue Mädel eine andere Karriere als im trostlosen Möbelladen des Papas machen könnte, ist ausgeschlossen. Nach den Terror-Anschlägen in der Londoner U-Bahn radikalisiert sich die Welt und Azime weiß, dass sie genau jetzt auf die Bühne muss.

McCarten gelingt ein spannender Roman, der sich vor Fragen nicht drückt: Deutlich spricht er Vorurteile gegenüber, aber auch Probleme innerhalb der muslimischen Community an – auch das Wegschauen unter dem Toleranz-Mäntelchen. Das alles gelingt ohne Belehrung. "Funy Girl" ist und bleibt ein Unterhaltungsroman.

KURIER-Wertung: