Kultur

Andreas Beck: "Ich weiß nicht, wo Wien hinwill"

Die Deutschen neigen dazu, sich Österreich eingemeinden zu wollen". Andreas Beck geht mit seinen Landsleuten hart ins Gericht. "Ich sage meinen Freunden immer: ,Stellt euch einmal vor, ihr lebt in Hamburg und plötzlich sprechen dort alle Österreichisch. Da würdet ihr als Hamburger auch irgendwann einmal sagen: Nanu, was ist denn hier passiert?’"

Ob er, ähnlich wie sein Kollege Matthias Hartmann, Ressentiments gegen ihn als "Piefke" wahrgenommen habe? "Zu Hartmann äußere ich mich nicht. Doch Ressentiments löst man auch mit seiner Person und nicht nur mit einem Pass aus." Darüber hinaus gäbe es "tatsächlich viele Deutsche in Österreich". Andererseits: "Man soll nicht so tun, als wäre das nie so gewesen: Es war immer so – die Stars des Burgtheaters kamen oft aus Deutschland."

Andreas Beck ist Anfang der Neunziger erstmals für ein Jahr nach Wien gekommen, später war er fünf Jahre Dramaturg am Burgtheater und seit 2007 Leiter des Schauspielhauses in der Porzellangasse. Ab 2015 wird Beck das Dreispartenhaus Basel leiten. Eine Herausforderung, gerade im musikalischen Bereich, denn mit Basel hat Beck auch ein erfolgreiches Opernhaus übernommen. Wie er diese meistern will? Mithilfe einer Operndirektorin (Laura Berman, Anm.).

In Wien musste Beck in kleineren Strukturen arbeiten – "ich war hier für alles zuständig, selbst fürs Klopapier" – doch ihm ist viel gelungen, das weiß er auch.

"Ich habe gern hier gearbeitet und ich glaube, dass meine Arbeit fruchtbar war." Unter Becks Leitung konnte das Schauspielhaus sein Profil als Autorentheater über den deutschsprachigen Raum hinaus schärfen, allein letztes Jahr gab es 20 Gastspiele. "Das Haus ist eine Marke geworden ist und ich würde der Politik und meinen Nachfolgern raten, dieses Branding zu belassen," sagt er selbstbewusst und setzt kritisch hinzu: "Ich weiß nicht, wo Wien hin will. Der Österreicher hat eine Tendenz, sich aus der Tradition heraus zu definieren. Die Vergangenheit allein reicht nicht, um eine Attraktivität für die Zukunft zu entwickeln. Ich hoffe, es gibt einen Masterplan."

Die Tatsache, dass im jüngsten Rankig der besten Theater Wien nur mit dem Burgtheater als "Größtes Ärgernis des Jahres" vorkommt, ist für ihn "natürlich ein Knaller". Aber immerhin wird auch das Schauspielhaus erwähnt, positiv.

Ob es Fehler gibt, die er in Wien gemacht hat, die er in der Schweiz vermeiden will? "Ich habe viel experimentiert. Ich habe die Herausforderung radikal gesucht, etwa bei unerfahrenen Regisseuren. Diese Sehnsucht werde ich in Basel nicht haben. Doch ich werde weiterhin Mut zum Risiko haben."

Die Spielzeit 2014/15 zeigt sieben Premieren, drei mit musikalischem Schwerpunkt: „Sinfonie des sonnigen Tages“, ein Ehedrama von Anja Hilling mit Elektrosounds von „Mouse on Mars“, startet am 2. 10. Dem Wiener „Robin HoodJohnny Breitwieser widmen Thomas Arzt und Jherek Bischoff ab 28.11. ihre „Verbrecherballade aus Wien“. Im März kommt das Singspiel „Das Gemeindekind“ nach Marie von Ebner-Eschenbach.