„Als Sänger haben wir einen sehr seltsamen Beruf“
Von Peter Jarolin
Nein, besonders populär war dieses Werk nie. Als Georg Friedrich Händel im Jahr 1750 sein Oratorium „Theodora“ im Londoner Opernhaus Covent Garden auf die Bühne brachte, war die Resonanz überschaubar. Gerade einmal auf drei Aufführungen brachte es das Stück rund um die titelgebende Frau, die auch nicht auf Befehl des römischen Statthalters im Jahr 304 nach Christus Gott Jupiter ein Opfer darbringen will, da sie überzeugte Christin ist. Am Ende steht für sie und den von ihr zum christlichen Glauben bekehrten römischen Offizier Didymus der Tod, in den sie beide freudig gehen.
Taktgeber
Für das MusikTheater an der Wien singt die amerikanische Sopranistin Jacquelyn Wagner die Titelpartie und freut sich auf die „Herausforderung“. „Ich habe ja nicht so viel Händel gesungen und bin auch längst bei Richard Wagner und Richard Strauss angekommen, aber so ein Händel zwischendurch tut meiner Stimme richtig gut.“ Und Wagner freut sich auch auf den Dirigenten dieser Produktion. Der ist nämlich niemand Geringerer als der Ausnahmecountertenor Bejun Mehta, der hier sein Pult-Debüt gibt. Wagner: „Bejun weiß ganz genau, was er will. Er weiß perfekt, was wir fühlen, was wir tun, wenn wir in irgendeinem Notfall sind. Er hat so viel anzubieten, denn das ist eines von seinen Lieblingsstücken. Er schätzt die Musik so sehr. Das ist für mich eigentlich ein purer Luxus.“
Café Central
Und die Inszenierung von Intendant Stefan Herheim? Wagner: „Lassen Sie sich überraschen! Sie spielt nämlich im Wiener Café Central, wir sind alle Kellnerinnen und Kellner auf der Suche nach einer besseren Welt. Was mir an Theodora so gefällt ist, dass sie kompromisslos ihren Weg geht.“ Lachend: „Ich bin auch immer meinen Weg gegangen“, so die international erfolgreiche Künstlerin.
Die Musik hat das älteste von fünf Kindern geradezu vererbt bekommen. „Mein Vater war Hornist beim Detroit Symphony Orchestra. Er hat aber nicht allzu oft zu Hause geprobt. Dafür bin ich ihm immer noch dankbar. Aber meine Mutter hat mich eigentlich zum Gesangsstudium gebracht.“ Das Kindheitsziel hat Jacquelyn Wagner nicht erricht, dafür umso Größeres im Bereich der klassischen Musik.
Musical und Jazz wollte sie immer machen, die Oper kam dazwischen. „Ich habe so einen Respekt für jene, die Musical so gut singen können. Und ich höre auch so gerne zu. Das würde ich auch gerne machen. Aber ich kann es leider nicht so sehr. Doch Jazz würde ich auch sehr gerne singen. Aber dafür fehlt mir leider die Zeit.“ Dennoch: Das größte Vorbild von Jacquelyn Wagner ist und bleibt Ella Fitzgerald.
Also doch Oper. Auch dank ihrer Lehrerin, der Jahrhundertsängerin Deborah Polaski. „Sie konnte alles, vor allem Wagner und Strauss. Immer, wenn ich in Berlin bin, gehe ich zu ihr. Ich gehe ständig hin, weil ich finde sie sehr wichtig. Auch wenn ich versuche, neue Rollen zu lernen. Da geht es darum, dass ich alles richtig korrekt für meine Stimme hinkriege. Am besten ganz ohne irgendwelche Fehler.“
Und was macht Wagner in ihrer Freizeit? „Wir haben einen sehr seltsamen Beruf. Als Sänger sind wir so eingeschlossen in der Probenzeit. Nach den Proben bin ich dann gerne zu Hause, gerne in der Wohnung, in der ich gerade lebe. Ich mache natürlich auch sehr viel Sport, auch zu Hause. Und ich liebe die Natur. Ich versuche, in der Natur zu sein, wann immer es geht. Aber meine Tage sind sehr ausgefüllt mit Proben, mit viel üben und Coachings. So viel Freizeit gibt es da nicht.“