Albertina: Wohin der Hase zuletzt lief
Von Michael Huber
Was macht die Seele eines Museums aus – seine Sammlung oder seine Ausstellungspolitik? Zweitere ist in der Öffentlichkeit präsenter, doch erstere hat mehr Bestand. Und wenn der Albertina routinemäßig vorgehalten wird, sich in ihrer Programmierung zu wenig um ihre Kernaufgabe zu scheren, so ist gerechterweise festzuhalten, dass ihre Sammlung doch unzweifelhaft eine grafische ist.
Die Schau "Look! New Acquisitions" (bis 8. 10.) will unterstreichen, dass sich dieser Fokus nicht nur auf Raffael und Dürer, sondern auch auf aktuelle Kunst erstreckt.
Papier ganz oben
Aquarelle von Herbert Brandl spielen in einem Saal mit Werken von Per Kirkeby und Max Weiler harmonisch zusammen wie ein Kammermusik-Ensemble. In einem anderen Raum kommunizieren Anna Jermolaewas Bilder gestürzter Lenin-Statuen mit einer tollen Serie des Ungarn Csaba Nemes über das einstige Gestapo-Hauptquartier am Wiener Morzinplatz.
Die Sammlung sei jedoch nicht nach Inhalten aufgebaut – "das Verbindende sollte die Qualität sein", sagt Kuratorin Antonia Hoerschelmann, die die Schau mit Direktor Klaus Albrecht Schröder arrangierte. Bei mehr als 10.000 Neuerwerbungen aus dem Bereich der Nachkriegs-Kunst, die seit dessen Amtsantritt 1999 ins Museum kamen, hätte man auch ganz andere Bild-Geschichten erzählen können.
Geschenkt!
Solche "malerischen" Zugänge bilden den Schwerpunkt der Schau in der unteren Halle. Hier rückt die Albertina wieder näher ans Universalmuseum. Ob ein Werk die Identität des Hauses einmal so prägen wird wie Dürers Hase, weiß niemand. Doch es macht Spaß, darüber zu spekulieren.