Kultur

Toxisch hysterische Nervensägen

Das Beste an diesem Abend ist Bobby Womack.

Das zweitbeste ist der Filmemacher Leos Carax.

Auch sehr gut: Birgit Minichmayr. Sie zeigt durch Körperbeherrschung und perfektes Timing, was für eine große Komödiantin sie sein kann (wenn sie will).

René Pollesch bietet vor allem optisch viel von dem, was im Theaterzirkus möglich ist. Einen Draken, der zu Bobby Womacks „Across 110th Street“ auf der 5th Avenue ein- und ausparkt (Bühne: Bert Neumann), Glitzervorhänge und Stars in irrwitzigen Verkleidungen, die in bunten Bällen baden.

Worum geht es in dem Stück mit dem seltsamen Namen? Der Titel bezieht sich auf Filme von Frank Lloyd und Leos Carax. Aus beiden Werken wird heftig zitiert. Die letzten beiden Szenen stehen komplett im Zeichen Carax’: Die melancholischen Affengesichter – Minichmayr und Martin Wuttke mit Masken – sowie der Epilog der gelben Taxis, die darüber sinnieren, dass sie verschrottet werden: schöne Szenen, die Reminiszenz an den grandios-größenwahnsinnigen Franzosen geht in Ordnung.

Psychoanalyse

Besprochen werden Beziehungen auf dem weiten Acker zwischen Freud und Kim Jong-Il. Viel wirres Zeug. Das Innere hat bei weitem nicht die Bedeutung, die ihm die Psychoanalyse zuschreibt, und ein nordkoreanischer Diktator behauptet via Pressemeldung, er sei Golf-Champ. Über all dem schweben die Theorien Žižeks. Ausdrücklich nicht des Philosophen Slavoj Žižek, sondern die von „Almut Žižek, der Frau vom Deli-Laden-Besitzer gleich hier um die Ecke.“ Tatsächlich zitiert wird trotzdem der slowenische Philosoph.

Was sonst noch alles zitiert wird in diesem wahnwitzigen Schwall von Wortkaskaden, die das Darstellertrio bewundernswert meistert, ist nicht genau festzustellen.

Polleschs Stück bietet herrlich komische Höhen – „Genaues Nachfragen ist manchmal besser als dem anderen gleich eine reinhauen“– und zwischendurch inhaltsleeres Gewäsch.

Szenenfotos des Stückes

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Überzeugter Raucher

Neben Žižek dürfte Pollesch auch beim Bevormundungsphobiker Robert Pfaller Inspiration gesucht haben: Fragen nach Genuss und Nikotin sind zentral. Nahezu das ganze Stück hindurch (1 Stunden) steht Ignaz Kirchner im roten Mao-Anzug, über den er später einen geblümten Hausmantel wirft, neben einem Aschenbescher und raucht. Man sieht es ihm an: aus Überzeugung.

Daneben führen Minichmayr und Wuttke (mit blonder Perücke ein überzeugendes Chris-Norman-Lookalike) Beziehungsgespräche: „Er war eine Nervensäge, aber mein Leben war leer ohne ihn.“

Wer das alles zu verstehen versucht, hat schon verloren. Und er hat Polleschs Konzept nicht verstanden. Worum es hier wirklich geht: Zeigen, was man zu bieten hat, und dabei viel Spaß haben.

Glitzer und Wahnwitz

Das Stück: Die Uraufführung von René Polleschs „Cavalcade or Being a holy motor“ bot ein schrilles Spektakel irrer Textmengen. Geschwätzig, doch unterhaltsam.

Die Schauspieler: Ignaz Kirchner ist die unaufgeregte Instanz, Birgit Minichmayr eine brillante Komödiantin. Martin Wuttke wirkte erst fahrig, später solide.

KURIER-Wertung: